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Prof. Dr. Bärbel Kniel, Vorstand biotask AG, Esslingen, Dienstleistungsunternehmen für die Getreidekette – Untersuchung und Beratung, Redaktionsmitglied von BACKWAREN AKTUELL
FODMAP sind natürliche Bestandteile vieler Lebensmittel, insbesondere von Obst und Gemüse. Für die meisten Menschen sind sie gesundheitlich vorteilhaft, da sie zur Versorgung mit Ballaststoffen beitragen. Sie werden allerdings von einem Teil der Bevölkerung nicht vertragen, was sich in dem sogenannten Reizdarmsyndrom äußert. Auch Getreide wie Weizen und Roggen enthalten FODMAP. Doch wie sieht es bei den damit hergestellten Backwaren aus? Die Antwort lautet: Es kommt ganz darauf an.
Unter FODMAP werden bestimmte Kohlenhydrate (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole) verstanden. Dazu zählen Mono- und Disaccharide wie Fructose und Lactose, Zuckeralkolhole wie Mannit und Sorbit sowie die Gruppe der höhermolekularen Oligosaccharide wie beispielsweise Fructane, die den Ballaststoffen zugerechnet werden.
Der Verzehr von FODMAP ist für die meisten Menschen vorteilhaft, da sie zur Versorgung mit Ballaststoffen beitragen. In den letzten Jahren wurde aber zunehmend bekannt, dass sie bei circa 7 % der Bevölkerung zur Entwicklung des Reizdarmsyndroms, einer gastrointestinalen Fehlfunktion, führen [1]. Die Betroffenen können FODMAP im Dünndarm nicht abbauen und resorbieren. So gelangen sie in den Dickdarm und sind dort osmotisch aktiv, das heißt, sie ziehen Wasser an. Zusätzlich werden sie von Bakterien der Darmflora im Dickdarm unter Gasbildung fermentiert. Das äußert sich in Symptomen wie Durchfall, Bauchschmerzen oder Blähungen. Diesen Personen wird eine FODMAP-arme Ernährungsweise nahegelegt. Dazu gibt es verschiedene Empfehlungen, eine davon ist, dass die Aufnahme von 0,3 g FODMAP pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschritten werden sollte [2].
FODMAP in Getreide
Getreidearten wie Weizen und Roggen enthalten ebenfalls FODMAP und sind daher in Zusammenhang mit dem Reizdarmsyndrom in die Diskussion geraten. Es handelt sich hierbei vor allem um Oligosaccharide wie Fructane und Raffinose. Sie sind hauptsächlich in den Außenschichten des Weizenkorns enthalten. Bei der Vermahlung zu Auszugs-/Typenmehlen werden sie deutlich abgereichert, in der Kleie dagegen angereichert. Weizenvollkornmehle, die alle Bestandteile des Getreidekorns enthalten, weisen daher höhere FODMAP-Gehalte auf als Auszugsmehle [2]. Roggen enthält im Vergleich zu Weizen mehr FODMAP. Wie bei Weizen sind sie in der Roggenkleie mit höheren Gehalten vertreten als in den Roggenauszugsmehlen.
Forschungsbedarf bei Backwaren
Nun werden Getreide und Getreidemahlerzeugnisse meistens nicht als solche verzehrt, sondern in Form der daraus hergestellten Backwaren. Es ist bekannt, dass FODMAP während der Teigfermentation durch Mikroorganismen verstoffwechselt und abgebaut werden können. Zu diesen zählen die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiea und auch Mikroorganismen im Sauerteig. Die Forschung beschäftigt sich nun mit der Frage, welche FODMAP-Gehalte in Gebäcken, vorrangig in Weizen- und Roggenbroten, tatsächlich vorliegen und wie sie beeinflusst werden können. Dabei konzentrieren sich die Forschungsvorhaben derzeit auf folgende Einflussgrößen:
- Zeitdauer der Fermentation beziehungsweise der Teigführung (kurz versus lang)
- Vollkornbrote im Vergleich zu Broten, die mit Auszugsmehlen hergestellt werden
- Sauerteigführung versus reine Hefeteigführung
Zwei aktuelle Studien von Longin et al. [1] und Sciurba et al. [2] sind dabei von besonderem Interesse. Die Ergebnisse sollen im Folgenden zusammengefasst werden. Wichtig für die Interpretation und die Schlussfolgerungen ist die Anmerkung, dass es Unterschiede im Versuchsdesign und in den Untersuchungsmethoden gibt, die dann auch zu teilweise abweichenden Resultaten führen. Das Studium der entsprechenden Publikationen kann allen Interessierten nur empfohlen werden.
Studie von Longin et al.
Die Wissenschaftler haben Weizenvollkornbrote aus 21 Weizensorten mit verschiedenen Backtechniken hergestellt und auf den Anteil an FODMAP untersucht. Dabei nutzten sie für den Bäckeralltag geeignete Rezepte und verglichen Brote, für die der Teig entweder 110 Minuten oder 2 Stunden geruht hatte.
Unabhängig von der Länge der Teigführung haben sich die FODMAP-Anteile vom Mehl zum Brot um mehr als 65 % verringert. Nach 25 Stunden waren die Werte kaum geringer. Denn bei einer verlängerten Teigführung muss die Aktivität der Hefe reduziert werden, damit das für das Backen wichtige Getreideeiweiß nicht zu sehr geschädigt wird. Dazu wurde die Hefemenge reduziert und der Teig gekühlt. Mit einer geringeren Aktivität der Hefe sinkt aber auch der Abbau der FODMAP.
In den 42 Studienbroten waren im Durchschnitt 0,22 g FODMAP pro 100 g Frischgewicht (2 bis 3 Scheiben) nachweisbar. Im Vergleich zu Fruchtsäften und Früchten ist das sehr wenig. Alle Brote waren danach für eine FODMAP-arme Ernährung geeignet.
Die Autoren weisen auf frühere Studien hin, in denen festgestellt wurde, dass bei noch kürzeren Teigführungen von circa 1 Stunde kaum ein Abbau von FODMAP stattfindet.
Es wurde auch gefunden, dass die Weizensorten deutlich unterschiedliche FODMAP-Gehalte aufweisen, sie lagen zwischen 0,85 % und 2 % bezogen auf Trockenmasse. Interessant war auch die Feststellung, dass Dinkel und Einkorn mehr FODMAP enthalten als Weizen.
Studie von Sciurba et al.
In dieser Studie wurden die Möglichkeiten einer FODMAP-Reduzierung untersucht, wobei realistische Herstellungsmethoden, wie sie in Backbetrieben zur Anwendung kommen, ausgewählt wurden. Ziel war es, vermarktungsfähige Weizen- und Roggenbrote herzustellen. Untersucht wurden der Einfluss einer verlängerten Teigführung und der Einsatz von Sauerteig. Die Ergebnisse zusammengefasst:
- Eine verlängerte Teigführung bewirkte eine Verringerung der FODMAP-Gehalte.
- Bei Verwendung von Sauerteig wurden FODMAP nicht reduziert, allerdings veränderte sich die FODMAP-Zusammensetzung: weniger Fructane, dafür mehr Mannit.
- Weizenbrote aus Auszugsmehlen wiesen einen niedrigen FODMAP-Gehalt auf und erfüllten die Kriterien für eine FODMAP-arme Ernährung.
- Das Vorkommen von FODMAP in Roggen- und Weizenvollkornbroten war unabhängig von der Prozessführung hoch.
Insgesamt wurde die Herstellung von FODMAP-armen Roggenbroten als größte Herausforderung identifiziert.
Zusammenfassung
Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen, dass, von sehr kurzen Teigführungen abgesehen, längere Führungszeiten zu einer Reduzierung der FODMAP-Gehalte beitragen. Während Weizenbrote, hergestellt aus Auszugsmehlen, wenig FODMAP enthalten, ist dies bei Roggenbroten und Weizenvollkornbroten mit herkömmlichen Herstellungsprozessen nicht der Fall. Der Einsatz von Sauerteigen führt zu einer Verschiebung der FODMAP-Zusammensetzung, nicht jedoch zu einer Reduzierung. Da der Verzehr von Roggenbroten und insbesondere Vollkornbroten vorteilhaft für die Ernährung der meisten Menschen ist, sollten diese Brote dennoch auch weiterhin einen hohen Stellenwert im Speiseplan einnehmen.
Literaturangaben
[1] Longin, F.; Beck, H.; Gütler, A. u. H.; Heilig, W.; Bischoff, S.; Zimmermann, J.: FODMAP-Gehalte im Brot sind gering und können durch Rohstoffauswahl und Teigführung weiter reduziert werden; Getreide, Mehl und Brot, 3/2020, S. 102-107
[2] Schmidt, M.; Sciurba, E.: Determination of FODMAP contents of common wheat and rey breads and the effects of processing on the final contents. European Food Research and Technology (2021) 247:395–410; https://doi.org/10.1007/s00217-020-03633-6