Neue Leitsätze für Brot & Co.

Update und Orientierungshilfe für Transparenz in der Wertschöpfungskette

Foto: © GMF-Archiv

Heiko Zentgraf, Diplom-Trophologe, Dr. phil., Fachjournalist [WissenschaftsKommunikation, Bonn], langjähriger Mitarbeiter und Medienreferent der Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung (GMF), seit 1999 Geschäftsführer der GMF GmbH.

Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs sind eine wichtige Orientierungshilfe für die Branche. Fachleute aus Wirtschaft, Verbraucherschaft, Lebensmittelüberwachung und Wissenschaft beschreiben darin gemeinsam, was unter Brot und Kleingebäck zu verstehen ist und von der Kundschaft erwartet werden kann – im Allgemeinen und im Besonderen. In der 2021 veröffentlichten Neufassung wird Bewährtes fortgeschrieben und Aktuelles in die Leitsätze eingepflegt. Was ist neu und für die Praxis von Bedeutung?

Die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission ist ein gesetzlich verankertes, unabhängiges Gremium. Es wird paritätisch besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Lebensmittelüberwachung, Wissenschaft, Verbraucherschaft und Lebensmittelwirtschaft. Diese werden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) berufen und sind als Personen ehrenamtlich tätig. Die Erarbeitung der Leitsätze im Detail ist Aufgabe von Fachausschüssen, bei Backwaren im Fachausschuss 4 für Getreide-, Kartoffel- und Ölsamenerzeugnisse. Dieser wird – ebenfalls paritätisch – aus dem Kreis der Kommissionsmitglieder gebildet und bei seiner Arbeit von externen Sachkundigen der Branche unterstützt.

Leitsätze für Brot und Kleingebäck

Die am 1. April 2021 in Kraft getretene Neufassung der Leitsätze für Brot und Kleingebäck [1] stand ganz oben auf dem Arbeitsplan dieses Fachausschusses. Denn die zuletzt 2005 aktualisierten Leitsätze stammten im Wesentlichen aus dem Jahre 1993 und ihre Überarbeitung stand somit dringlich an, um den aktuellen Markt abbilden zu können. Leitsätze beschreiben maßgeblich Verkehrsauffassungen und Beschaffenheit von Produkten, wie sie von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den übrigen am Lebensmittelverkehr teilnehmenden Kreisen übereinstimmend akzeptiert werden. Deshalb sind sie für alle Marktbeteiligten eine wichtige Orientierungs- und Auslegungshilfe und haben in juristischen Streitfällen den Charakter objektivierter Sachverständigengutachten. Zwar werden die Leitsätze im Bundesanzeiger veröffentlicht, sie sind jedoch – wie es im juristischen Amtsdeutsch so schön heißt – ein „untergesetzliches Regelwerk“, sie sind also rechtlich nicht verbindlich. Aber da sie von allen am Markt beteiligten Gruppen beraten und beschlossen werden, haben Leitsätze auch eine Leitfunktion: „Sie geben den Verbrauchern, den Herstellern, dem Handel, den Behörden und der Wissenschaft als auch der Justiz ein unverzichtbares Instrument der Orientierung an die Hand. Von den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches dürfen Hersteller und Handel abweichen. Allerdings müssen diese Abweichungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend kenntlich gemacht werden, um Irreführung und Täuschung zu vermeiden.“ [2]
Detaillierte Hinweise für fachjuristisch Interessierte und die EU-rechtlichen Rahmenbedingungen hat das BMEL auf seiner Webseite veröffentlicht. [3]
Im Folgenden sind wichtige Sachverhalte für die Wertschöpfungskette vom Korn zum Brot aus dem 13-seitigen Download-Dokument [4] zusammengestellt – angesichts von mehr als 50 detaillierten Leitsätzen ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber zur notwendigen Exaktheit vielfach mit wörtlichen Zitaten.

Begriffe, die man kennen sollte

Die Begriffsbestimmungen im Teil 1 der neuen Leitsätze sind zwar überwiegend aus der Vorgängerversion übernommen und nur redaktionell fortgeschrieben worden, aber zwei Punkte bleiben wesentlich:

  • Im ersten Leitsatz wird die Produktgruppe Brot und Kleingebäck klar abgegrenzt: „Die Zugabe an Fett(en) und Zucker(n) im Brot liegt in der Regel in der Summe nicht über 10 Prozent, bezogen auf den Getreideanteil.“ Das bedeutet: Bei höheren Gehalten zählen die Produkte zu den „Feinen Backwaren“, für die eigene Leitsätze gelten.
  • Die Berechnung der Mengenangaben nach „Bäckerprozenten“ bleibt grundsätzlich unverändert und damit praxisnah. Zur Kommunikation mit der Kundschaft wird jetzt jedoch klargestellt, dass diese „somit nicht der prozentualen Mengenangabe im Endprodukt entsprechen“ – womit die QUID-Regelung für die Kennzeichnung auf vorverpackten Broten gemeint ist. Als Bezugsgröße für die Mengenangaben gilt die Gesamtmenge des verwendeten Getreides und/oder der Getreideerzeugnisse. Ein Teil von ihnen wird allerdings für die Rezepturberechnungen als „andere Zutaten“ betrachtet: „Keime, Speisekleie, Malze und daraus hergestellte Produkte, Kleber und Stärke werden, obgleich sie Getreideerzeugnisse sind, der Bezugsgröße nicht zugeordnet, sondern wie jede andere Zutat in ihrer Zugabemenge auf die Bezugsgröße bezogen.“ Die für die Mengenangaben einzusetzenden Umrechnungsfaktoren für Fette sind in der Neufassung EU-gerecht harmonisiert.

Aktualisierte Definitionen

Bei den Begriffsbestimmungen sind nun u.a. teilgebackene Erzeugnisse, Teig und Teiglinge definiert. Der Leitsatz zu Backmischungen ist redaktionell überarbeitet, mit anderen Branchenrichtlinien harmonisiert und ergänzt worden: „Backmischungen für den Endverbraucher enthalten alle wesentlichen trockenen Zutaten in den Anteilen, wie sie zur Herstellung des laut Bezeichnung benannten Brotes oder Kleingebäcks erforderlich sind.“
Der nur leicht veränderte Backmittel-Leitsatz konkretisiert diese nun als „Mischungen von Zutaten (z. B. Getreidemahlerzeugnisse, Lebensmittelzusatzstoffe, Enzyme)“.
Bei Sauerteig sind aktuelle fachliche Begrifflichkeiten eingeflossen, seine backpraktische Verwendung für Bauernbrote findet sich nun in der Leitsatzgruppe 2.
Verbreitert gegenüber den bisherigen Leitsätzen sind die Einsatzmöglichkeiten der „Mitverwendung von Brot: Hygienisch einwandfreies, verkehrsfähiges und der unmittelbaren Berührung durch die Käuferin/den Käufer in Selbstbedienung nicht zugänglich gewesenes Brot kann bei der Brotherstellung bis zu 20 Prozent, berechnet als Frischbrot wieder eingesetzt werden“. Die bisherige Differenzierung nach Gebäcken mit überwiegendem Weizen- bzw. Roggenanteil gibt es nicht mehr.

Neue Getreidesystematik

Die Systematik der Getreidearten im Sinne dieser Leitsätze ist ganz neu gefasst – mit einer Unterteilung in jetzt drei Gruppen:

  • Brotgetreide „aus den Gattungen Triticum L. (z. B. Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn) und Secale L. (z. B. Roggen), sowie Kreuzungen daraus (z. B. Triticale).“ Die jetzt ausdrückliche Nennung von Emmer und Einkorn als Brotgetreide bedeutet, dass bei namengebenden Produktbezeichnungen auch auf diese beiden Spelzgetreide die üblichen Brotgetreide-Mengenregeln anzuwenden sind, wie beispielsweise mindestens 90 Prozent als einzelnes Brotgetreide bei Emmerbrot.
  • Sonstiges Getreide ist „Gerste (Hordeum), Hafer (Avena), Hirse (z. B. Sorghum bicolor (L.) Moench, Panicum miliaceum L.), Mais (Zea mays) und Reis (Oryza)“. Damit gelten auch für sie die übergreifenden Begriffsbestimmungen aus der Leitsatzgruppe 1 zu Brot, Kleingebäck, Getreide- und Getreidevollkornerzeugnissen, Mengenangaben und die Hervorhebung von Zutaten.
  • Pseudogetreide (Pseudocerealien) sind „Samen von Pflanzen, die botanisch nicht zu Getreide gehören, aber ähnlich wie diese für die Herstellung von z. B. glutenfreiem Brot und Kleingebäck eingesetzt werden. Pseudogetreide ist vor allem Amaranth (Amaranthus), Buchweizen (Fagopyrum) und Quinoa (Chenopodium quinoa).“ Sie gelten somit zukünftig als bei uns übliche Brotzutaten, was zeitgemäß eine bisherige Lücke schließt: Es gibt nun keine interpretative Grauzone mehr, was die Verwendung dieser Rohstoffe betrifft.

Diese Neugliederung hat unmittelbar praktische Folgen für Rezepturen und Benennung: Aus der Leitsatzgruppe 2, den „Besonderen Beurteilungsmerkmalen“, sind insofern folgende Formulierungen für sonstige Getreide oder Pseudocerealien relevant:

  • „Bezeichnung mit einem sonstigen Getreide oder Pseudogetreide: Wird in der Bezeichnung des Brotes bzw. Kleingebäcks ein einzelnes sonstiges Getreide oder Pseudogetreide genannt, so ist dieses aus backtechnischen Gründen (z. B. Krumenbeschaffenheit, Porung, Lockerung) nicht zu mindestens 90 Prozent, jedoch zu mindestens 20 Prozent enthalten (z. B. Haferbrot bzw. -brötchen, Maisbrot bzw. -brötchen, Hirsebrot bzw. -brötchen, Amaranthbrot bzw. -brötchen).“
  • Bezeichnungen mit Vollkorn aus sonstigem Getreide oder Pseudogetreide: „Wird in der Bezeichnung des Brotes bzw. Kleingebäcks ein einzelnes sonstiges Getreide oder Pseudogetreide genannt, so sind die Vollkornerzeugnisse aus dem/den namengebenden Getreide/-n aus backtechnischen Gründen (z. B. Krumenbeschaffenheit, Porung, Lockerung) nicht zu mindestens 90 Prozent, jedoch zu mindestens 20 Prozent enthalten (z. B. Hafervollkornbrot bzw. -brötchen, Quinoavollkornbrot bzw. -brötchen).“
  • Mehrkornbrot, Dreikornbrot, Vierkornbrot usw.: „Wird ein Brot als Mehrkornbrot bezeichnet, so sind mindestens eine Brotgetreideart sowie mindestens eine andere Getreideart (…), insgesamt drei oder entsprechend mehr verschiedene Getreidearten enthalten. Jede Getreideart ist mindestens mit 5 Prozent enthalten. Für Kleingebäck gilt diese Systematik analog (z. B. Mehrkornbrötchen, Dreikornbrötchen, Vierkornbrötchen usw.).“
  • Glutenfreies Brot: „Glutenfreies Brot wird (…) auf der Basis von z. B. nicht-glutenhaltigen Getreidearten (z. B. Mais, Reis, Hirse), Pseudogetreide (Pseudocerealien) und/oder anderen stärkehaltigen Erzeugnissen (z. B. glutenfreie Weizenstärke, Tapiokastärke, Kochbananenmehl, Esskastanienmehl) hergestellt.“ In diesem Sachzusammenhang fehlt leider eine analoge Öffnung für zunehmend marktrelevante Produkte wie „Eiweißbrot“, die beispielsweise auf der Basis von Verarbeitungsprodukten aus Hülsenfrüchten gebacken werden.

Vom Getreide zur Verarbeitung

„Getreideerzeugnisse sind Erzeugnisse aus gereinigtem Getreide (…), das weiter bearbeitet wurde (z. B. durch Zerkleinern, Quetschen, Fraktionieren, Erhitzen). Hierzu zählen vor allem Mehl, Backschrot, Vollkornmehl, Vollkornschrot, Grieß, Dunst, Keime, Flocken und Speisekleie.“
Zum Thema „Vollkorn“ heißt es harmonisierend und nahezu wortgleich mit der Regelung in der DIN-Norm 10.355 auch in den Leitsätzen „Getreidevollkornerzeugnisse wie Vollkornmehl und Vollkornschrot enthalten die gesamten Bestandteile der gereinigten Körner einschließlich des Keimlings. Die Körner können jedoch von der äußeren Fruchtschale befreit sein.“
Die Vollkorndefinition gehört weitgehend zum Bewährten, das fortgeschrieben wurde. Aufgrund der immer wieder (sozial-)medial verbreiteten Unsicherheiten sei hier die unverändert klare „Vollkornbrotregel“ nochmals hervorgehoben: „Wird ein Brot bzw. Kleingebäck als Vollkornbrot bzw. -brötchen bezeichnet, so sind mindestens 90 Prozent des Getreides als Vollkorn enthalten.“ Dabei sind die verwendeten Getreide in der Bezeichnung des Lebensmittels (früher „Verkehrsbezeichnung“) stets zu nennen, also beispielsweise Roggenvollkornbrot oder -brötchen, Weizenvollkornbrot oder -brötchen oder Dinkelvollkornbrot oder -brötchen.
Analog ist bei der Rezepturverwendung von Getreideschroten zu verfahren. Allerdings wird hier eine marktgerecht-differenzierende Möglichkeit eröffnet: „Wird in Verbindung mit der Bezeichnung des Lebensmittels auf Schrotanteile durch Zusätze wie „mit Schrot(anteil)“ hingewiesen, so werden bei der Herstellung mindestens 10 Prozent Getreideschrot verwendet.“

Herstellung und Beschaffenheitsmerkmale

In Analogie zu Leitsätzen der „neuen Generation“ für andere Lebensmittelgruppen wird erstmals der Herstellungsprozess beschrieben – angesichts der deutschen Produktvielfalt jedoch nur beispielhaft und auf die Grundprozesse reduziert. Für Verkaufsgespräche wichtig ist dabei eine an den heutigen bäckerischen Produktionsalltag angepasste neue Formulierung: „Der Prozess kann an geeigneter Stelle (z. B. bei der Teiggare durch Kühlung verzögert oder mittels Tiefkühlung oder beim Backen) unterbrochen werden.“

Eigentlich selbstverständlich ist der Anspruch, dass „Erzeugnisse im Sinne dieser Leitsätze nach den Grundsätzen der guten Herstellungspraxis und entsprechend den hygienischen Anforderungen gefertigt werden“. Aber ergänzend für die eigene betriebliche Qualitätskontrolle und interessant als Leitmotive für Azubis sind die sieben Beschaffenheitsmerkmale, die charakteristisch und qualitätsbestimmend für Brote und Kleingebäcke sein können:

  • „Form und Aussehen (z. B. freigeschoben, in der Form gebacken),
  • Oberflächen- und Krusteneigenschaften (z. B. bemehlt, bestreut, rissige Kruste, Bräunungsgrad, Rösche),
  • Lockerung und Krumenbild (z. B. Art der Porung),
  • Struktur und Elastizität (z. B. Weichheit, Bestreichbarkeit, Bruchfestigkeit),
  • Geruch und Geschmack (z. B. röstig, malzig, salzig, süßlich, säuerlich),
  • Zutaten und Zusammensetzung (z. B. Ölsaaten, ballaststoffreich, glutenfrei, Nährstoffe),
  • Verwendung (z. B. zum Belegen, als Beilage, zum Füllen, zum Tunken).“

Aufmachung, Tradition und Herkunft

Der Schutz vor Verbrauchertäuschung ist ein wesentliches Anliegen der Leitsätze. Daher gilt es, bei hervorhebenden Bezeichnungen zwei Aspekte zu berücksichtigen: „Werden Zutaten bildlich dargestellt, steht dies nicht im Widerspruch zur Zusammensetzung. Wird durch die Bezeichnung, die Aufmachung oder die bildliche Darstellung eine Zutat hervorgehoben, so ist diese in Charakter gebender Menge enthalten.
Wird auf qualitative Merkmale von Herstellungsverfahren (z. B. Abbildung Holzofen, Anwendung Langzeitführung) hingewiesen, so erfolgt dies auch. Markenrechtlich geschützte Abbildungen bleiben unberührt.“
Was die Kundschaft erwarten kann, wenn von „traditionell“ die Rede ist, wird in einem neuen Leitsatz beschrieben:
In traditionellen Rezepturen „werden Lebensmittelzusatzstoffe und zugesetzte Enzyme nicht verwendet. Ausgenommen sind lediglich solche, die üblicher Bestandteil eines zusammengesetzten Lebensmittels sind, das als Zutat verwendet wird (z. B. Rieselhilfsstoff in Speisesalz) oder für den Produktcharakter (z. B. Natronlauge bei Laugengebäck) oder aus technologischen Gründen (z. B. Ascorbinsäure) unabdingbar sind.“
Ein Hinweis auf traditionelle Herstellung ist nur dann üblich, „wenn darüber hinaus die Herstellung in einem durchgehenden, nicht durch Tiefkühlung oder andere Verfahren zum Zweck der Haltbarmachung unterbrochenen Prozess im selben Unternehmen erfolgt. Die Formgebung erfolgt nicht rein maschinell. Der Backprozess im Ofen wird nicht unterbrochen.“
Hier sind die Leitsätze von ihrem Prinzip „Beschreibung des Üblichen“ abgewichen und haben – in gewisser Weise prägend – einen Traditionsbegriff neu formuliert. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dies in der betrieblichen Praxis nutzbar und/oder werblich Erfolg versprechend verwendbar sein wird.
Als Vorspann zu den „Besonderen Beurteilungsmerkmalen“ der Brot­sortenvielfalt (in Leitsatzgruppe 2) erschien aktuell eine Klarstellung zu Herkunftsfragen angebracht: „Geographische Angaben sind in der Regel echte Herkunftsangaben. Sie können aber auch nur Hinweise auf eine bestimmte Zusammensetzung und Herstellungsweise sein (z. B. Berliner Brot, Paderborner Brot, Frankenlaib). In Verbindung mit Worten wie „Original“ oder „Echt“ oder nach Eintrag in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geographischen Angaben als geschützte Ursprungsbezeichnungen (g. U.) oder geschützte geographische Angaben (g. g. A.) weisen geographische Bezeichnungen der Lebensmittel in jedem Fall auf die Herkunft hin.“ Im Anhang der Leitsätze wird daher auf den EU-rechtlichen Rahmen verwiesen, der hierbei zu beachten ist.

Wegweiser zum neuen Brotsortenverzeichnis

Die Systematik der differenzierten Brotsortenbeschreibungen ist komplett neu geordnet. In Anpassung an die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) heißt es für die Sorten nun nicht mehr „Verkehrsbezeichnung“, sondern „Bezeichnung des Lebensmittels“. Diese sind jedoch nach wie vor bei den jeweiligen Produktleitsätzen im Originaldokument kursiv hervorgehoben.
Die spezifizierten Beurteilungsmerkmale – unter anderem mit Angabe von geforderten Mindestanteilen – sind in vier Gruppen eingeteilt: nach Getreideanteilen, Zutaten, Herstellungsverfahren und weiteren besonderen Merkmalen: Wo man was in den neuen Leitsätzen findet, zeigt die tabellarische Übersicht.

Besondere Beurteilungsmerkmale in Leitsatzgruppe 2

Anders als in den „alten“ Leitsätzen werden die sortenbezogenen Beurteilungsmerkmale nicht mehr getrennt nach Broten und Kleingebäcken gelistet. Vielmehr gilt der (Grund-) Leitsatz „Kleingebäck entspricht den Anforderungen an Brot, sofern in diesen Leitsätzen nicht anders beschrieben. Das Gewicht des Einzelstücks liegt nicht über 250 g.“
Die wenigen Ausnahmen sind in den entsprechenden Brotregeln benannt und betreffen beispielsweise Roggen(misch)brötchen, Krustenauflagen von Käse-, Mohn-, Sesam- und Sonnenblumenkerngebäcken oder die Form von Toastbrötchen.
Im Wesentlichen bleiben die wertbestimmenden Zusammensetzungen, Mindestanteile oder speziellen Herstellungsverfahren unverändert – mit nur geringfügig-redaktionellen Aktualisierungen. Eine definitorische Lücke ist jedoch im Zuge der Aktualisierung geschlossen worden: Es kann jetzt auch ein „Mischbrot 50:50“ geben.
Die Klassiker des Sortiments zählen zum Fortgeschriebenen, wie Pumpernickel, Toast-, Knäcke-, Gerster- oder Schinkenbrot. Die Beschreibung von Laugengebäcken ist deutlich erweitert und flexibilisiert: So werden verschiedene Auflagen wie Salz, Käse oder Ölsaaten beschrieben. Und: Laugengebäck muss nicht mehr zwingend aus Weizenmehl hergestellt werden.
Bei den Herstellungsverfahren wird an zwei Stellen produktionstechnisch neuen Entwicklungen Rechnung getragen:

  • Die bisherige Bezeichnung von Holzofenbrot aus „direkt befeuerten Öfen“ und „nur mit naturbelassenem Holz“ bleibt nunmehr weitgehend dem „Original Holzofenbrot“ vorbehalten. Für quasi „nicht originale“ Holzofenbrote ist jedoch abweichend davon „eine Befeuerung möglich, bei der sich das Heizmaterial in einer separaten Brennkammer mit direktem Kontakt zum Backraum befinden kann. Es kann auch naturbelassenes Holz in Form von Pellets als Heizmaterial verwendet werden.“
  • Der Leitsatz zu Trockenflachbroten berücksichtigt jetzt auch die moderne Extrudertechnologie: „Die Zutaten werden im Extruder gemischt, erhitzt und durch eine Flachdüse gepresst. Eine Teiglockerung erfolgt durch spontanes Verdampfen des Wassers. Das extrudierte Erzeugnis wird nach dem Abkühlen geschnitten.“

In der abschließenden Leitsätze-Abteilung („Weitere besondere Beurteilungsmerkmale“) finden sich neu fachliche Beschreibungen zu „eingebürgerten“ Backwaren mit ausländischen Bezeichnungen wie Fladenbrote, Tortilla/Tortilla Wrap, Baguette, Ciabatta oder Bagel. Die Produktbeschreibungen des Marktüblichen sind für diese sehr eng gefasst – insbesondere bei Baguette angesichts der betrieblichen Rezeptur- und Verfahrensvielfalt etwas zu eng für die Backpraxis.

Übergangszeiträume wünschenswert

Zur Umstellung von Produkten und Verpackungen auf neugefasste Leitsätze stellt sich für die Wirtschaft die Frage nach Übergangsregelungen bzw. –fristen. Diese sind bislang bei der Veröffentlichung von Leitsätzen generell nicht vorgesehen. Aufgrund der bestehenden Vertraulichkeit bis zur Bekanntmachung einer finalen Version neuer Leitsätze im Bundesanzeiger entsteht so ein Timelag. Die Beratungen der DLMBK finden zwar unter anderem mit Vertreterinnen, Vertretern und Sachkundigen der Wirtschaft statt, jedoch darf nach Geschäftsordnung der DLMBK keine Vorinformation erfolgen. Eine sofortige Umsetzung zum Veröffentlichungszeitpunkt ist daher von den Unternehmen kaum zu leisten, weshalb Übergangszeiträume sinnvoll wären: Das würde einerseits eine relativ zeitnahe Umsetzung ermöglichen, um gegebenenfalls Beanstandungen zu vermeiden, andererseits könnte damit der betrieblichen Praxis sowie Nachhaltigkeitsaspekten angemessen Rechnung getragen werden.

Zusammenfassung

Die Leitsätze für Brot und Kleingebäck sind für alle Marktbeteiligten eine wichtige Orientierungs- und Auslegungshilfe im Rahmen der deutschen Produktvielfalt.
Begriffsbestimmungen und Definitionen beschreiben Verkehrsauffassungen von Zutaten und Herstellung (in Teil 1) sowie die Beschaffenheit und leitsatzgerechte Bezeichnung von Produkten am Point of Sale (in Teil 2).
Die Systematik der Getreidearten ist neu gefasst, der Herstellungsprozess von Brot erstmals beispielhaft beschrieben und charakteristische Merkmale für Brote und Kleingebäcke sind marktaktuell dokumentiert.
Klarstellungen liefern die neuen Leitsätze unter anderem zu Fragen traditioneller Rezepturen oder Herstellungsverfahren. Die differenzierten Brot­sortenbeschreibungen sind neu geordnet: nach Getreideanteilen, Zutaten, Herstellungsverfahren und weiteren besonderen Merkmalen.
Neben den aus der vorherigen Fassung übernommenen Produktbeschreibungen von „Sortimentsklassikern“ haben neuartige und „eingebürgerte“ Backwaren wie Fladenbrote, Tortilla/Tortilla Wrap, Baguette, Ciabatta oder Bagel Einzug gehalten.
Die Neufassung 2021 schreibt Bewährtes fort und formuliert Aktuelles marktgerecht neu. Sie dient so als Update des Fachwissens allen, die in der Branche „vom Acker bis zum Teller“ damit zu tun haben.

Literaturangaben

[1] BMEL/Bundesanzeiger-Verlag (Hrsg.): Bekanntmachung der Neufassung von Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches und Berichtigung der Bekanntmachung der Neufassung von Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches. BAnz AT 06.05.2021 B2 bzw. BAnz AT 14.05.2021 B2, Berlin/Köln (2021)

[2] DLMBK/BLE (Hrsg.): Was ist die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission? Bonn (2021) https://www.deutsche-lebensmittelbuch-kommission.de/ (Zugriff: 14.02.2022)

[3] BMEL (Hrsg.) Hinweise für die Anwendung der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches. Bonn/Berlin (2021) https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/deutsche-lebensmittelbuch-kommission/hinweise-leitsaetze-lebensmittelbuch.html (Zugriff: 14.02.2022)

[4] DLMBK/BLE (Hrsg.): Leitsätze für Brot und Kleingebäck. Bonn (2021) https://www.deutsche-lebensmittelbuch-kommission.de/fileadmin/Dokumente/leitsaetze_fuer_brot_und_kleingebaeck.pdf (Zugriff: 14.02.2022)

[5] Zentgraf, H.: Leitsätze für Brot und Kleingebäck. Getreide, Mehl und Brot (2021) 3, S. 111-113

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