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Manfred Laukamp, Director Activation Ingredients, verantwortet den Marketing-Services-Bereich von CSM Bakery Solutions (Bremen) für die Regionen Central und East
Stollen sind begehrte Klassiker im Herbst und zur Vorweihnachtszeit. Nicht nur beim Handwerksbäcker, sondern auch im LEH. Um mit dem Traditionsgebäck erfolgreich zu sein, müssen Bäcker daher heute mehr bieten als „nur“ qualitativ hochwertige Stollen. Das Gesamtpaket muss stimmen, vom Gebäck über die Präsentation bis hin zur Vermarktung.
Die Geschichte des Stollenmarketings reicht weit zurück. So hat der sächsische Bäckermeister Johann Andreas Zacharias bereits im Jahr 1730 den ersten Riesenstollen der Weltgeschichte gebacken. Das Gebäck für die 20.000 Gäste des „Zeithainer Lustlagers“ war 36 Zentner schwer, wurde mithilfe von 60 Bäckerknechten gebacken, von acht Pferden auf einem Fuhrwerk gezogen und mit einem 1,60 Meter langen Messer angeschnitten. Beeindruckende Zahlen und ein öffentlichkeitswirksames Spektakel.
Heute, fast 300 Jahre später, spielt durchdachtes Marketing eine entscheidende Rolle für nachhaltigen Erfolg mit dem Traditionsgebäck in der Handwerksbäckerei. Denn auch aus dem LEH sind Stollen nicht wegzudenken. Jährlich ab September finden Verbraucher dort Stollen in verschiedensten Varianten und Größen, vom klassischen Christstollen bis zum Stollenkonfekt. Und das dank des hohen Durchsatzes zum günstigen Preis. Um sich von diesem Angebot zu differenzieren und Konsumenten davon zu überzeugen, dass sich der Stollenkauf bei ihnen lohnt, sollten Bäcker daher ihre volle Stollenkompetenz ausspielen. Dazu zählen Premiumqualität, Vielfalt und die Kombination aus Tradition und Kreativität ebenso wie die passende Verpackung und Vermarktung.
„Bäcker leben von der Inszenierung. Es gilt also, laut zu trommeln. Derjenige, der seine Stollenkompetenz lebt und dem die Kunden diese Kompetenz abnehmen, gewinnt.“
Frühzeitige Planung
Um den großen Stollenauftritt optimal vorzubereiten, sollten Bäcker schon zum Jahresstart mit der Konzeption beginnen: Welche Stollenspezialitäten möchte ich anbieten? Wie möchte ich die Gebäcke präsentieren und bekannt machen? Welche Verpackung möchte ich nutzen, welche Werbemittel einsetzen? Sind diese Rahmenbedingungen geklärt, sollten Bäcker ihre Mitarbeiter mit ins Boot holen, sie über die geplanten Gebäcke und Maßnahmen informieren und für das Stollengeschäft begeistern. Wenn das gesamte Team mit Freude dabei ist, merken das auch die Kunden, kaufen gerne und kommen wieder. In der Saison von Oktober bis Dezember gilt es dann, das Konzept zum Leben zu bringen und immer wieder neue Impulse zu setzen.
Sortimentsgestaltung mit System
Um eine differenzierende Premiumlinie im Bereich Stollen zu schaffen und sich damit vom Handel abzugrenzen, empfehlen sich für Handwerksbäcker etwa fünf bis sieben Produkte, sorgfältig hergestellt mit hochwertigen Rohstoffen. Bei der Wahl der richtigen „Stollen-Persönlichkeiten“ für ihr Sortiment sollten Bäcker verschiedene Punkte beachten. So kann sich etwa ein Mix aus Klassikern und modernen Varianten anbieten. Denn klassische Sorten wie Dresdner Christstollen, Marzipan-, Mohn- oder Nussstollen zählen in Deutschland immer noch zu den beliebtesten. Aber auch Kreationen mit Trendzutaten wie Macadamia-Nüsse oder Cranberrys bieten großes Potenzial zur Wertschöpfung ebenso wie zur Erschließung neuer, insbesondere jüngerer Zielgruppen.
„Wenn Bäcker dem Stollen neue Facetten verleihen, können sie ihn zum ‚Königsgebäck‘ machen. Mustergültige Beispiele dafür sind die Stollenkreationen, die im Laufe der Jahre vom Expertenrat für Feine Backwaren, Brot & Brötchen entwickelt wurden, wie ‚1.001 Nacht‘ oder ‚Phantasie in Nuss‘.“
Wichtig ist auch, dass Bäcker Kreationen entwickeln, die zu ihren Kunden und zum Gesamtkonzept des Unternehmens passen. Ein weiterer Ansatzpunkt ist der sogenannte Point of Consumption, sprich: „Wo essen die Leute Stollen?“ Dies gilt es zu identifizieren und zu bedienen. Einige Beispiele: zu Hause im Familienkreis – der ganze Stollen, im Café – Stollenscheiben oder -spezialitäten, im To-go-Bereich – Stollenspezialitäten oder -konfekt. Decken Bäcker diese und andere Bedarfe ab und bieten Lösungen für alle Zielgruppen an, legen sie den Grundstein für eine erfolgreiche Stollensaison.
Kompetenz trifft Emotion
Auf diesem Grundstein können Bäcker optimal aufbauen, Emotionen wecken und das Vertrauen in ihre Handwerkskunst stärken. Dies gelingt durch aktive Kundenansprache. Dabei sollte das Kommunikationskonzept auf den jeweiligen Stollen abgestimmt sein. Nur so entsteht eine glaubwürdige Story, die Konsumenten begeistert und zum Kauf animiert. Das Verkaufsteam kann beispielsweise die handwerkliche Herstellung betonen, regionale Rohstoffe in den Fokus rücken, auf die Verwendung einer traditionellen Rezeptur oder die besondere Lagerung der Stollen hinweisen. Dabei tragen Attribute wie „einzigartig“, „Premium“, „ausgesuchte Rohstoffe“, „traditionelle Herstellung“ oder „verfeinert mit“ zur Emotionalisierung bei. Perfekt vermitteln lassen sich diese Merkmale etwa im Rahmen einer Verkostungsaktion im Laden oder beim Überreichen einer liebevoll verpackten Stollenprobe. Eine personalisierte Empfehlung des Bäckermeisters sowie Herkunfts- oder Gütesiegel auf der Verpackung tragen ebenfalls dazu bei, die eigene Stollenkompetenz glaubhaft zu transportieren.
Auch ungewöhnliche Verpackungskonzepte oder neue Vertriebswege wie das Internet bieten Potenzial, ebenso moderne Kommunikationskanäle wie Monitore in den Filialen oder die Sozialen Medien. Wer Kunden schon im Vorfeld auf die Stollensaison aufmerksam machen und Begehrlichkeiten wecken möchte, ist zudem mit Verteil- und Couponkarten gut beraten. Grundsätzlich gilt: Jede aktive Konsumentenansprache bedeutet eine Kommunikationsplattform mehr – und mehr ist in Sachen Stollenmarketing besser.
„Verschiedene ‚Stollenbäcker‘ machen es bereits erfolgreich vor, darunter die Gewinner des Zacharias-Preises (ehemals Stollen-Zacharias). Sie werden als exzellente Stollenbäcker wahrgenommen, obwohl der Wettbewerb keine Stollenqualitäten bewertet. Das bestätigt eindrucksvoll, wie strategische Marketing- und PR-Maßnahmen den Stollenverkauf beim Handwerksbäcker beflügeln können.“
Zusammenfassung
Die klassische Stollensaison in der Handwerksbäckerei läuft von Oktober bis Dezember. Für nachhaltigen Erfolg mit dem Traditionsgebäck spielt durchdachtes Marketing eine entscheidende Rolle. Denn neben Wettbewerbern aus den eigenen Reihen sichert sich längst auch der LEH sein Stück vom sprichwörtlichen Kuchen, mit dem Angebot preisgünstiger Stollen in verschiedenen Varianten. Beim Bäcker muss daher das Gesamtpaket stimmen, vom Premiumgebäck über die Präsentation bis zur Vermarktung.
Dabei sollten Bäcker ihre volle Stollenkompetenz ausspielen und ihre Kunden von eben dieser Kompetenz überzeugen. Das gelingt durch eine aktive, emotionale Konsumentenansprache und die Nutzung möglichst vieler Kommunikationsplattformen. Immer abgestimmt auf die jeweilige Stollenspezialität. Um den großen Stollenauftritt optimal vorzubereiten, sollten Bäcker schon zum Jahresstart mit der Konzeption beginnen. So können sie sich in der Saison neben Herstellung und Verkauf ihrer Stollen darauf konzentrieren, ihr Konzept zum Leben zu bringen und immer wieder neue Impulse zu setzen.