Kuriosa der Brotgeschichte – Von Pumpernickel, Toastbrot und Butterbrot

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Irene Krauß, Volkskundlerin, ehem. Leiterin des Museums der Brotkultur, freiberufliche Publizistin und Autorin zahlreicher Werke zur Entstehung und Entwicklung von Backwaren und zur Nahrungsvolkskunde

Das Lieblingsbrot der Deutschen ist mit 25,6 Prozent (2020) Toastbrot, dicht gefolgt vom klassischen Weizenmischbrot. Insgesamt haben die Verbraucher laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks vom Kürbiskernkarree bis zur Chiakruste rund 3.200 Brotsorten zur Auswahl. Aus all diesen Varianten lässt sich ein immer neues „Butterbrot“ kreieren – langweilig ist da nichts. Und wer eine besonders aromatische regionale Spezialität ausprobieren möchte, dem sei der westfälische Pumpernickel empfohlen.

Bleiben wir beispielhaft für originelle und traditionsreiche Brot­sorten mit historischer Tiefe bei der wohl bekanntesten Variante des Roggenschrotbrotes, nämlich dem Pumpernickel. Diese ursprünglich westfälische, dunkle Roggenvollkornspezialität ist heute überall in Deutschland und Österreich zu erhalten. Hergestellt wird Pumpernickel aus Roggenvollkornschrot und/oder aus Roggenbackschrot, wobei bei Letzterem die Keimlinge der Getreidekörner vor dem Schroten entfernt werden. Kennzeichnend für den Pumpernickel ist seine lange Backzeit von mindestens 16 Stunden bei mäßiger Hitze. Dies geschieht nach einem kurzen Anbacken bei 200 °C heutzutage meist in geschlossenen Dampfkammern bei rund 100 bis 120 °C. Die Backdauer ist notwendig, damit die Hitze durch die hohe Dichte des kompakten Brotteiges dringen und diesen durchgaren kann. Dabei wird ein Teil der Stärke zu Zucker abgebaut, was wiederum zur typischen tiefdunklen Farbe und zum ungewöhnlichen, süß-kräftigen Aroma führt. Zudem bleibt Pumpernickel − auch das unterscheidet ihn von anderen Brot­sorten – über Wochen saftig und ist heute überwiegend fast krustenlos.

Pumpernickel − Das westfälische Hausbrot

Bereits im 16. Jahrhundert ist in historischen Dokumenten mehrfach vom kernigen „Schwarzbrot“ der Westfalen die Rede, ohne dass der eigentümliche Name selbst Erwähnung findet. Vermutet wird, dass die wohl älteste, heute noch existierende Bäckerei für Pumpernickel die Bäckerei Haverland ist, die bereits 1570 in Soest von Jörgen Haverlanth gegründet wurde. Damals soll der Pumpernickel den Bürgern als Notration gedient haben. Beliebt war er augenscheinlich nicht. Reisenden jedenfalls war das tiefbraune, namenlose Schwarzbrot sehr suspekt, so schrieb ein gebildeter niederländischer Reisender, dem offenbar genau dieses Produkt der regionalen Bäckerei vorgesetzt wurde: „Armes Volk, das seine Erde isset“. Erst der deutsche Barockdichter Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1621-1676) sprach in seinem bekannten „Simplicissimus“ 1669 konkret von „große(n) Pumpernickel“, die 24 Stunden im Backofen ausgebacken würden. Daraus lässt sich schließen, dass der Name des Backwerks zu dieser Zeit bereits allgemein bekannt war.

Schon 1630, also mitten im Dreißigjährigen Krieg, hatte der deutsche Söldner Peter Hagendorf in seinen umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen ein Brot namens Pumpernickel erwähnt, das er in Lippstadt kennengelernt habe. Er fand dieses Brot, das so groß und viereckig sei wie „ein grosser schleiffstein“ nicht so schlecht, jedenfalls beschrieb er es als „gut schmagghaftieg brodt gans schwarstz“. Rund 150 Jahre später, 1775, lässt sich ein weiterer früher Zeuge benennen: Der bekannte deutsche Arzt und Enzyklopädist Johann Georg Krünitz (1728-1796) zeigte in seiner weitverbreiteten „Oekonomisch-technologischen Enzyklopädie“ allerdings keine große Begeisterung für jenes − wie er meinte − „gemeine westphälische Hausbrod“, welches nichts anderes sei „als ein aus zweymal geschrotetem […] Roggen gebackenes, grobes und schwarzes Brod, in großen, lang-viereckigen Laiben, mit einer harten Rinde und derben Krume“. Ein einziges dieser massiven Backwerke, schrieb Krünitz weiter, sei häufig über 60 Pfund schwer und müsse die ganze Nacht im Backofen stehen, um durchgebacken zu sein und eine Rinde zu bekommen, die einen Finger dick sei. Sonderlich verlockend erschien ihm das offensichtlich nicht. Ähnlich rustikal wurde das Brot von dem französischen General Paul Thiébault geschildert, der noch aus seiner Kinderzeit Ende des 18. Jahrhunderts zu berichten wusste, dass man im westfälischen Minden einen Laib Pumpernickel gekauft habe: Ein „schwarzes und festes Brot, das sich ein Jahr hält, das man auf einem Hauklotz mit Axthieben zerschneidet und wovon sich die Pferde ernähren, wie auch die Menschen damals davon aßen“. Auch das klingt nicht wirklich nach kulinarischem Genuss.

Kuriosum „Pumpernickel“

Tatsache ist, dass die meisten überlieferten historischen Abhandlungen keinen Zweifel daran lassen, dass das Westfalenbrot nicht jedermanns Sache sei. Für den an feines Weißbrot gewohnten Magen eines Adeligen muss es jedenfalls entschieden zu derb gewesen sein, man denke nur an die Worte des französischen Philosophen Voltaire (1694-1778), der es als „einen harten, schwarzen und klebrigen Stein“ bezeichnete, der aus einer „Art Korn“ hergestellt sei. Auch er gehörte demnach wohl zu denjenigen, die das Brot als allzu grob und daher unverträglich empfanden. Diese Einschätzung spiegelt sich − einer phantasievollen Anekdote aus dem Jahr 1701 zufolge – auch in dem eigentümlichen Namen Pumpernickel wider. Von einem reisenden französischen Edelmann ist da die Rede, der das Westfalenbrot, welches ihm während des Dreißigjährigen Krieges vorgesetzt wurde, mit den wenig galanten Worten zurückgewiesen habe: „Ce pain est bon pour Nicol!“, also „Dieses Brot ist gut für Nicol“. Nicol war, so genau weiß man es nicht, entweder der Name seines Dieners oder der seines Pferdes. Französisiert ergab diese Wortwahl „Bon-pour-Nickel“, woraus die Verballhornung „Bompernickel“ entstanden sein soll. Diesen volkstümlichen Deutungsversuch mag man nun glauben oder auch nicht.

Eine weitere Lesart, die auch von der Sprachforschung gestützt wird, bezeichnet mit dem Wort „Pumpernickel“ oder „pumpernder Nickel“ einen Kobold oder Spaßvogel, welcher Namensgeber für das kuriose Westfalenbrot gewesen sein soll. In anderen literarischen Dokumenten ist nachzulesen, dass es sich bei einem „Pumpernickel“ ursprünglich um einen Tunichtgut oder groben Menschen gehandelt habe; eine Bezeichnung, welche die fremden Soldaten im Dreißigjährigen Krieg auf das grobe westfälische Bauernbrot übertragen hätten.

Man kann nichts als mutmaßen: Einige Geschichten beziehen sich auch auf die durchaus verdauungsfördernden Eigenschaften dieses Brotes, da seine ballaststoffreichen Bestandteile zwar gesund, aber einem ungewohnten Magen Blähungen verursachen kann. In diesem Sinne äußerte sich der deutsche Chemiker Freiherr Justus von Liebig (1803-1873). Der schrieb nämlich: „In Westphalen wird die Kleie mit dem Mehl zum sogenannten Pumpernickel verbacken, und es gibt kein Land, in welchem sich die Verdauungswerkzeuge des Menschen in besserem Zustand befinden. Die Grenzen des Niederrheins und Westphalens lassen sich an der ganz besonderen Größe der Überreste genossener Mahlzeiten erkennen […]“.

Das schwarze Brot der Westfalen

Gelegentlich finden sich jedoch auch wohlmeinendere Urteile zum Pumpernickel, etwa 1725 bei Magister Zacharias Goeze (1662-1729), der dozierte: „Denn wir haben wohl eher gesehen, daß ein einziger Osnabrückischer Bauer ohne Mühe und Schweiß fünfzehn Osnabrückische Scheffel auf einmal auf seiner Achsel getragen. Das thut der treffliche kräftige Bompernickel.−“ Rechnet man diese Gewichtsangabe um, so ergäben sich 315 kg, die dieser wackere Landbewohner geschleppt haben soll und das scheint − selbst wenn man das Westfalenbrot als ausgesprochene Kraftnahrung betrachtet − doch ein wenig hoch gegriffen zu sein. Nicht geleugnet werden kann allerdings, dass das Backen von Pumpernickel in Westfalen früher Männerarbeit war, da das Kneten, Formen, Hinein- und Hinausziehen sowie das Schneiden die Kräfte einer Frau überfordert hätten. Vor allem das Schneiden dürfte angesichts des Gewichts der Laibe und der festen Kruste nicht gerade ein Kinderspiel gewesen sein. Vielenorts erleichterte man sich diese Arbeit mithilfe eines sogenannten „Brothakens“, einer langen Eisenstange, in deren Öse am einen Ende die Klinge des Brotmessers gesteckt wurde. Das andere Ende der Stange war gebogen und wurde hinter den Oberarm geklemmt, um Halt und Kraft zum Schneiden zu gewinnen. Insgesamt ergab sich daraus eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Rollenaufteilung: „Brot […] zu backen, Stuten, Knabbeln […], ist Frauensache. Der Pumpernickel aus reinem Roggenmehl erfordert […] Männerfäuste.“

Ungeachtet aller historischen Antipathien und des Widerstreits der Meinungen wurde in Westfalen kaum je ein anderes Brot gegessen und inzwischen hat die westfälische Landesspezialität, die dort bis ins 20. Jahrhundert das „tägliche Brot“ darstellte, viele Liebhaber gefunden, auch jenseits der traditionellen Pumpernickel-Region und sogar im Ausland. Einmal von seiner besonders saftigen, leicht klebrigen Krume und dem arteigenen malz- bis karamellartigem Geschmack abgesehen, ist Pumpernickel ganz besonders gesund, weil reich an Ballaststoffen und einigen Mineralstoffen. Auch als Partysnack erfuhr er seit den 1950er-Jahren wachsende Beliebtheit: Geschnitten in kleine Rechtecke oder als runde Scheiben kann es mit Schinken, Käse oder auch Lachs belegt und manchmal in mehreren Lagen übereinander zu einem kleinen Pumpernickel-Turm arrangiert werden.

Ein Toast auf den Toast

… also auf jene gerösteten Weißbrotschnitten, die traditionell in England – mittlerweile aber fast überall auf der Welt – zum Frühstück und zum Tee verzehrt werden. In Deutschland jedenfalls lag das Toastbrot 2019 noch auf Platz 1 der Brotrangliste, vielleicht weil es nach dem Toasten so intensiv-aromatisch schmeckt und im verpackten ungetoasteten Zustand heutzutage lange haltbar ist. Im Wesentlichen besteht Toastbrot aus Weizenmehl, Wasser, Fett, Zuckerarten, Speisesalz, ggf. Milch oder Milcherzeugnissen und Triebmitteln wie Hefe, Weizensauerteig oder Weizenvorteig. Sowohl Eiweißbestandteile als auch Zuckerstoffe, aber auch Hefeinhaltsstoffe sorgen für das typische Röstaroma, das beim Toasten entsteht. Verkauft wird heute verpacktes Toastbrot in bereits vorgeschnittenen Scheiben, wobei die Scheibengröße bei allen Herstellern in der Regel gleich ist, damit Toaster mit ähnlich großen Röstschlitzen produziert und verwendet werden können.

Auf Spurensuche

Was hat es nun mit dem feinporigen Kastenweißbrot mit seiner dünnen Kruste auf sich? Eine deutsche Brotspezialität ist es jedenfalls nicht und wirklich neu ist daran auch nichts. Schließlich wurde bereits im Alten Ägypten und im antiken Griechenland Brot geröstet, offenbar weniger aus Geschmacksgründen, sondern um das Backwerk durch Austrocknen länger haltbar zu machen. Auch die Römer kannten geröstetes Brot und brachten es nach Britannien, wo es sich im Laufe der Zeit etablierte. Die Bezeichnung „toast“ (vom lat. „torrere“ = „dörren, trocknen, rösten“) ist jedenfalls in England bereits im Mittelalter historisch verbürgt: als Brot, das mit Stöcken ins offene Feuer gehalten und auf diese Weise geröstet wurde. Sogar eine entsprechende Legende gibt es, welche die Einführung des Toasts in England auf ein Datum legt, das jedem englischen Schulkind ein Begriff ist: der 14. Oktober 1066, der Tag der Schlacht bei Hastings. Nach dem militärischen Sieg der französischen Normannen über die angelsächsischen Truppen König Harolds II. soll das vom Regen durchnässte Brot über den Lagerfeuern im Zeltlager des normannischen Heeres getrocknet und geröstet worden sein. Der Versuch entpuppte sich als durchschlagend und der unaufhaltsame Siegeszug des Röstbrotes in England begann!

Wenn auch eher unwahrscheinlich ist, dass diese Herleitung stimmt und es eher die historische „Veredelung“ einer recht normalen Vorgehensweise zu sein scheint, so ist eines doch sicher: Seit dem Mittelalter aß man in England Toastbrot als Beilage zu Mahlzeiten oder tunkte es in die Suppe. Vor allem spezielle Aufstriche für geröstetes Brot werden beschrieben, beispielsweise „Pokerounce“, bei dem der Toast mit einer süßen Masse aus Honig, Ingwer und Zimt bestrichen wird. Ähnlich dürfte das knusprig geröstete „Toste rialle“ gewesen sein, der Aufstrich gesüßt mit einer Paste aus Zucker und Reismehl, süßem Wein, Rosinen, Nüssen und Gewürzen. Diese Zusammenstellung war seinerzeit so ungewöhnlich nicht: Bis etwa 1650 ernährte sich vor allem die Oberschicht in Europa weitgehend gleich: Es gab Gerichte oder Brotaufstriche mit reichlich Gewürzen, dazu süße Soßen, warmen süßen Wein und viel Zucker. Vor allem viele und vielerlei Importgewürze wurden in gehobenen Kreisen gerne eingesetzt. Ende des 17. Jahrhunderts aß man in England dann aber auch nur mit Butter bestrichenes Toastbrot – sei es zum Frühstück oder später nachmittags zum Tee.
So ganz genau kennt man die Essgewohnheiten und Veränderungsvorgänge nicht, da die schlichten Dinge des Alltags nur vergleichsweise selten genau erfasst und erforscht wurden. Dies noch: Im Englischen gibt es bis heute keine eigene grundsätzliche Bezeichnung für Brot, das sich zum Toasten eignet. Mit „toast“ bezeichnet der Engländer das bereits geröstete Brot, vor dem Rösten heißt es einfach nur „bread“.

Um auch ein deutsches Beispiel innerhalb der Toastentwicklung zu erwähnen, seien die bereits im Mittelalter bekannten sogenannten „Bähscheiben“ (von bähen: leicht rösten) genannt, also Brotscheiben, die über offenem Feuer geröstet wurden. Toast als geröstetes Kastenweißbrot im eigentlichen Sinne des Wortes entwickelte sich in Deutschland aber erst in den 1950er-Jahren. Mithilfe amerikanischer Weizenbrotproduzenten und deutscher Toastgerätehersteller wurde das feinporige Weißbrot als einfach herzustellende Brotmahlzeit populär gemacht.

Der berühmte Trinkspruch

Einen „Toast aussprechen“, unter dieser stehenden Wendung versteht man im Rahmen einer Tischrunde eine kurze Ansprache zu Ehren einer bestimmen − anwesenden oder abwesenden − Person, gefolgt von der Aufforderung an alle, ihr Glas zu erheben und gemeinsam zu trinken. Eindeutiges gibt die Entstehungsgeschichte zu diesem Brauch jedoch nicht her. Offenbar war es bereits im England des 15. Jahrhunderts üblich, Getränke wie Wein oder Wasser durch die Zugabe von heißem Brot zu aromatisieren. Später vermischte sich diese Trinkgewohnheit mit dem Brauch, auf jemanden zu trinken. In Festkreisen wurde es in England dann Usus, demjenigen, der bei einem Gastmahl einen Trinkspruch ausbringen wollte, ein Stück geröstetes Brot in den vollen Becher zu geben. Dieses Brot, das sich mit Wein vollsog, wurde zum Abschluss der Zeremonie von demjenigen gegessen, der den „Toast“ ausgebracht hatte. Nach und nach verzichtete man offenbar auf das Stück Brot im Getränk und blieb beim Trinkspruch. Auch in Deutschland ist dieser Brauch seit dem 19. Jahrhundert häufiger dokumentiert.

Rösten mit dem heißen Draht

Bei allem englischen Lokalkolorit des Toastbrotes sollte jedoch nicht vergessen werden, dass geröstetes Brot bereits im Alten Testament erwähnt wird, wenn auch die entsprechenden Gerätschaften zum Toasten erst spät entwickelt wurden. Also greifen wir ein bisschen zurück: Vor Nutzung der Elektrizität wurde Brot vor dem offenen Feuer oder über glühenden Kohlen geröstet. Hierzu verwendete man die unterschiedlichsten Hilfsmittel wie Stöcke, Gabeln, Zangen, Roste und Pfannen. Mit dem Ausbau der Elektrifizierung in den Städten entwickelten sich elektrische „Brotröster“. Es war der junge amerikanische Ingenieur Albert Marsh (1877-1944), der 1905 einen Draht aus einer Nickel-Chrom-Verbindung entwickelte, der als sicheres Heizelement für die ersten elektrischen Toaster eingesetzt werden konnte. Fast zeitgleich, 1910, entwickelten AEG und Rowenta in Deutschland – vermutlich nach amerikanischem Vorbild – ähnliche Brotröster, mit denen seinerzeit aber nur das übliche Graubrot geröstet wurde.

Insgesamt kam es in den nachfolgenden Jahrzehnten zu einem Boom in der Entwicklung elektrischer Haushaltsgeräte. Eine große Vielfalt an Toastern und Toastertechniken war auf dem Markt, unter anderem Einstecktoaster mit simplen Metallgestellen oder prachtvollen Porzellanwänden, Drehtoaster oder Karusselltoaster. Viele Toastertypen wurden nach einiger Zeit wieder aufgegeben, da nicht alle wirklich praktisch waren. Auch Inflation und Kriege verhinderten eine Weiterentwicklung, sodass die Toasterherstellung erst nach 1945 wieder aufgenommen wurde. Das seit den 1950er-Jahren in Deutschland so beliebte Toastbrot wird heutzutage in der Regel industriell hergestellt: Über 90 Prozent des Toastbrotmarktes werden von der Backwarenindustrie bedient. Inzwischen bieten allerdings auch immer mehr handwerkliche Bäcker ihr eigenes Toastbrot in vielen Varianten an.

Recht gewöhnlich? – das Butterbrot

Dass Deutschland heute das Brotland Nummer 1 ist und eine enorme Vielfalt an Brotsorten zu bieten hat, wurde bereits erwähnt. Und da wäre noch ein weiteres kulturgeschichtliches Phänomen rund um das Brot zu nennen, das − wie der renommierte Volkskundler Günter Wiegelmann feststellt −„eine rein deutsche Erfindung“ ist: das Butterbrot.

Ein Hoch auf die Stulle

„Sage mir, welches Brot du isst […]“ – auch wenn Sentenzen dieser Art noch so ausgeleiert scheinen, haben sie durchaus ihre Berechtigung. Denn in der Tat spiegelt die traditionelle Brotlandschaft Deutschlands bestimmte Brotvorlieben wider. Im Süden etablierten sich schon früh die hellen Weizenbrote mit würziger Kruste (Salz, Kümmel, Kräuter), im Norden dagegen waren und sind die dunklen und schwereren Roggenbrote beheimatet. Die damit zusammenhängende Gepflogenheit, Brot mit Butter zu bestreichen und zu belegen, findet schon seit dem späten Mittelalter Erwähnung, sie kam in Nordwestdeutschland und in den Niederlanden auf. Zu den frühesten konkreten Belegen gehört ein Festmahl der Bremer Zünfte im Jahr 1339, bei dem Butterbrote gereicht wurden. In größerem Umfang treten Nachrichten über das Butterbrot allerdings erst seit dem 15. Jahrhundert auf. Die Gewohnheit, das Brot mit Käse zu belegen – dies sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt – setzte sich dann im 17. Jahrhundert durch, während im 18. Jahrhundert in Mitteldeutschland zunehmend der süße Brotaufstrich in Mode kam.

Deutsche Brotlandschaft

Die Gründe für diese regionale Vorrangstellung des Butterbrotes sind bekannt: Anders als im Süden wurde in Norddeutschland die Butter durch kräftiges Salzen konserviert, sodass sie über das ganze Jahr haltbar blieb. Nur so konnte das Butterbrot ein fester Bestandteil der täglichen Ernährung auf dem Land wie auch in den Städten werden. Und noch etwas kam dazu: Wenn Brotscheiben mit der in Norddeutschland üblichen salzigen Butter bestrichen und häufig mit einem weiteren Aufstrich verbessert wurden, dann passte wegen des Eigengeschmacks der Auflagen dazu am besten ein geschmacklich weniger charakteristisches, also weniger stark gewürztes Brot. Darüber hinaus waren in dieser nordwestdeutschen Region die seit dem späten 17. Jahrhundert aufgekommenen gesüßten Warmgetränke Kaffee und Tee besonders beliebt, was ebenfalls nicht recht zu einem kräftig gewürzten Brot gepasst hätte. Daher dürfte es kein Zufall sein, dass die Gebiete des Butterbrotessens und der verschiedenen Brotbeläge in etwa mit den Landstrichen des wenig gewürzten Brotes übereinstimmen.

Tatsächlich sah es in Süddeutschland und Österreich ganz anders aus. Dem Süddeutschen war der Begriff „Butterbrot“ an sich über Jahrhunderte fremd, genauso übrigens wie das Wort „Abendbrot“, das im süddeutschen Sprachschatz keinen Platz findet. In der Küche herrschte Butterschmalz vor, das mehr als vorzügliches Koch-, Brat- und Backfett taugte, weniger jedoch zum Aufstrich aufs Brot. Dafür wurden dem Brotteig verstärkt Gewürze mit hervorstechendem Charakter wie Kümmel, Fenchel oder Anis hinzugefügt. Diese Anregung, eine Vielfalt an Gewürzen für den Brotteig bereitzuhalten, war von Italien nach Süddeutschland gebracht worden. Für die Brotgewürze sprachen die empfundene Verbesserung des Brotgeschmacks, eine Anregung der Verdauung sowie die Erfahrung, dass die Schimmelgefährdung deutlich reduziert werden konnte. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts drang das Butterbrot – zusammen mit dem damals neumodischen Kaffee – allmählich nach Süden vor.

Auch wenn sich die Grenzen heute natürlich mehr und mehr verwischt haben, so war es im Süden und Südwesten jahrhundertelang weniger üblich, zu einem Brotzeitteller Butter zu reichen. Semmeln wurden nicht geschnitten und bestrichen, sondern gebrochen und zu Beilagen wie Speck, Wurst oder Käse gegessen. Eine Rätselfrage wie etwa diejenige aus der Beilage der deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“, nämlich „Im Normalfall als Unterlagscheibe verwertet“, würde in den südlichen Regionen Deutschlands, aber auch den Weißbrotkulturen Europas schlichtweg kaum Geltung haben und wäre zumindest früher nicht ganz verstanden worden. Die Lösung lautete natürlich: eine Brotscheibe.

(Butter-)Brot für jeden Geschmack

Heute ist das Butterbrot ein Thema mit ausgefallenen Variationen. Vor allem die Bäckereien, in denen mittlerweile belegte Brote als herzhafte schnelle Imbisse angeboten werden, beweisen, dass dieses „Alltagsprodukt“ keineswegs langweilig sein muss. Vielmehr lassen sich dem Butterbrot dank der verschiedenen Brotsorten und der abwechslungsreichen Belagsvarianten täglich neue Aspekte abgewinnen.

Zusammenfassung

Unter den vielen traditionsreichen Brotsorten mit historischer Tiefe ist das Toastbrot in Deutschland heute die Nr. 1. Auch wenn das feinporige Kastenweißbrot (vom lat. „torrere“ = „dörren, trocknen, rösten“) hier erst seit den 1950er-Jahren bekannt ist und man mit den ersten, seit 1910 bekannten Toastern noch normales Graubrot röstete, so ist die Gepflogenheit, Brot zu toasten, natürlich bereits seit Jahrhunderten bekannt, vor allem in England. Geröstet wurde das Brot früher über offenem Feuer mithilfe von Stöcken, Zangen und Gabeln.

Auch das westfälische „schwarze“ Pumpernickel ist bereits im 16. Jahrhundert belegt. Zwar galt es lange Zeit als allzu grob und unverträglich, stellte jedoch über Jahrhunderte die alltägliche Brotsorte in Westfalen dar. Heutzutage ist das Pumpernickel über die Grenzen der Region hinaus beliebt.

Was das typisch deutsche Butterbrot angeht, so steckt dahinter die im Mittelalter in Nordwestdeutschland aufkommende Gewohnheit, dunkles (Roggen-)Brot in Scheiben zu schneiden und mit Butter zu bestreichen, während in Süddeutschland Weizenkleingebäcke als Beilage bevorzugt wurden. Die dahinterstehende deutsche Brotlandschaft begünstigte diese unterschiedliche Verzehrweise. Heute ermöglicht das Butterbrot zahlreiche Variationsmöglichkeiten und wird auch in Bäckereien als gesundes und vielseitiges Convenience-Produkt gerne verkauft.

Literaturangaben

Gentner, Carin: Pumpernickel. Das schwarze Brot der Westfalen. Detmold 1991 (Schriften des Westfälischen Freilichtmuseums Detmold, Landesmuseum für Volkskunde, Bd. 7).

Hillringhaus, Annette; Machnicki, Monika: Ein Toast auf den Toaster . Eine Ausstellung zu Technikgeschichte und Design der Toaster und zur Geschichte des Toastbrotes im Deutschen Brotmuseum Ulm, Kulturberichte 2/01, AsKI – Arbeitskreis selbständiger Kulturinstitute e.V., 2001.

Kaiser, Hermann: Das alltägliche Brot. Über Schwarzbrot, Pumpernickel, Backhäuser und Grobbäcker. Cloppenburg 1989

Laudan, Rachel: Der Ursprung der modernen Küche. In: Forschung für Essen und Trinken (Reihe: Spektrum der Wissenschaft, Dossier 4/04). Heidelberg 2004. S. 6-11

Peters, Jan: Peter Hagendorf – Tagebuch eines Söldners aus dem Dreißigjährigen Krieg (= Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit. Nr. 14). Göttingen 2012.

Teuteberg, Hans Jürgen; Wiegelmann, Günter: Wandel der Nahrungsgewohnheiten unter dem Einfluß der Industrialisierung. Göttingen 1972.

Wiegelmann, Günter: täglich Brot. In: Eiselen, Hermann (Hrsg.): Brotkultur. Köln 1995, S. 230-243.

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