Weltumspannendes Weihnachtsgebäck – Denn guter Geschmack kennt keine Grenzen

Foto: © Martin Braun-Gruppe

Kevin Lühmann, Anwendungsberater International bei der Martin Braun KG, Hannover, Lebensmitteltechniker, Bäckermeister und Konditor sowie geprüfter Schokoladensommelier

Traditionelle Spezialitäten wie Christstollen, Lebkuchen und Spekulatius sind fester Bestandteil der deutschen Weihnachtskultur. Längst haben sie den Siegeszug über unsere Grenzen hinaus angetreten und gelten international als Inbegriff deutscher Handwerkskunst.

Inzwischen hat aber auch ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Ein Paradebeispiel ist der italienische Panettone, der längst globale Beliebtheit erlangt hat. Unser Beitrag bietet einen kleinen Ausblick in die große Welt der süßen Weihnachtsleckereien.

Globale Beliebtheit für den Panettone

Wenn man das aktuell beliebteste Weihnachtsgebäck weltweit küren wollte, fällt die Wahl wohl unangefochten auf den Panettone. Ursprünglich aus Italien − genau enommen Mailand − kommend, erfreut er sich längst über die europäischen Grenzen hinaus auch in den USA, Südamerika und Asien großer Beliebtheit. In den USA hatte der Panettone bereits in den 50er-Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad und galt als Delikatesse der Hollywood-Stars. Mittlerweile hat sich die symbolträchtige, italienische Weihnachts-Köstlichkeit zum Ganzjahresgebäck entwickelt. Es gibt ihn auch abweichend von der italienischen Originalrezeptur von süß bis salzig-pikant, in einer Papierform oder im Glas gebacken, klassisch oder als Gourmetversion.

Bûche de Noël aus Frankreich

Wenn wir zu unseren französischen Nachbarn schauen, steht zur Weihnachtszeit die Bûche de Noël absolut im Mittelpunkt des Geschehens: eine genussvolle Biskuitroulade, traditionell mit Schokoladenbuttercreme gefüllt und optisch wie ein Baumstamm ausgarniert. Verbreitet hat sie sich von Frankreich aus in viele französischsprachige Länder wie Kanada, die Schweiz und Belgien sowie ehemalige Kolonien, wie den Libanon und Syrien. Da die französische Pâtisserie als Vorbild in der ganzen Welt gilt, sieht man die Bûche de Noël immer öfter auch in anderen Ländern. Zurück zum Ursprung: Früher war es in Frankreich Brauch, zu Weihnachten ein „Weihnachtsholzscheit“ im Kamin oder Ofen zu verbrennen. Als nach und nach die Öfen aus den Häusern verschwanden, übernahm stattdessen die Bûche die alte Weihnachtstradition und kam als süße Leckerei mit auf den Festtagstisch.

Finnland – Hochburg der Lebkuchen

Finnland pflegt eine lange Lebkuchentradition. Es gibt sie in unterschiedlichen Gewürzvarianten und Formen. Das Repertoire an weiteren Weihnachtsgebäcken ist allerdings in den letzten Jahrzehnten ebenfalls vielfältiger geworden. In diesem Zusammenhang wäre der Mummin Siirapikakku, „Großmutters Sirupkuchen“, erwähnenswert. Es ist ein besonders saftiger Rührkuchen, der mit Kaffee und Zuckerrohr- oder Zuckerrübensirup getränkt und mit feinen Gewürzen wie Nelken und Zimt sowie Rosinen verfeinert wird. Vollendet wird er mit Puderzucker. Traditionell wird der Mummin Siirapikakku zu Hause gebacken, mittlerweile wird er aber auch im Einzelhandel angeboten.

Nachspeise statt Gebäck in Polen

Der Makowki ist in Polen fester Bestandteil eines traditionellen Weihnachts-Festessens. Bei dieser Spezialität handelt es sich um ein Schichtdessert auf Basis einer Milchcreme mit Zwieback, die mit Mandeln, Mohn und Rosinen veredelt und mit Zimt und Honig abgeschmeckt wird. Opulentes Gebäck zu Weihnachten spielt in Polen eine überschaubare Rolle, denn gemäß der katholischen Konfession wird in der Adventszeit gefastet.

Der Blick in den fernen Osten

In Hongkong ist Weihnachten kulturell recht stark verankert: Grund dafür ist, dass dieser Stadtstaat bis zum 1. Juli 1997 britische Kolonie war. Hier gibt es einen besonders vielfältigen und bunten Mix aus amerikanischen Weihnachtsgebäcken, die teilweise mit chinesischen Rohstoffen an den hiesigen Markt adaptiert werden. Auch am Nachbarland Japan orientiert sich das Sortiment.
In Singapur findet Weihnachten eher in Restaurants und Hotels statt – und das hauptsächlich für Touristen. Es werden hierfür üblicherweise Weihnachtsgebäcke aus den USA, Frankreich, aber auch aus Deutschland in ihrer Ursprungsform produziert, wobei sie üblicherweise nicht an den landestypischen Geschmack Singapurs angepasst werden.

Christmas Cake für Pärchen in Japan

Da Christen in Japan nur eine kleine Gruppe gemessen an der Gesamtbevölkerung ausmachen, wird streng genommen offiziell kein Weihnachten gefeiert. Nichtsdestotrotz hat sich Weihnachten als Fest für die Liebenden und Pärchen etabliert. Paare schenken sich in dieser Zeit kleine Aufmerksamkeiten. In vielen Familien wird „Christmas Cake“ gegessen. Das ist hier überraschenderweise eine Sahnetorte mit frischen Erdbeeren und Weihnachtsdekoration. In den letzten 15 Jahren ist der Stollen jedoch immer populärer geworden. Anfangs nur von Bäckereien produziert, die sich auf deutsches und / oder europäisches Gebäck spezialisiert haben, stellen auch seit gut 10 Jahren immer mehr japanische Bäckereien Stollen her. Sogar französische Konditoren, von denen viele in japanischen Großstädten ihre Filialen führen, produzieren diese deutsche Spezialität. Der neueste Trend wartet jedoch schon – auch in Japan ist der Panettone auf dem Vormarsch und wird jedes Jahr beliebter.

Kalte Desserts im heißen Brasilien

Der Dezember und somit auch Weihnachten fallen in Brasilien in den Sommer. Bei entsprechend heißen Temperaturen werden eher leichte und kalte Desserts statt Gebäck bevorzugt. Ganz klassisch wird zu Hause eine „Gelatina Colorida“ oder „Gelatina Mosaico” zubereitet: Eine Art Götterspeise mit Gelatine auf Milchbasis in bunten Farben. Alternativ auch Pudding aus Milch, Kokosnussmilch oder Kondensmilch, der mit Karamellsoße ausgarniert und mit Dörrpflaumen verziert wird. Neben diesen etwas aufwendigeren Varianten wird auch purer Milchpudding im Ofen gestockt und mit Karamellsoße serviert (Brasilianischer Flan). Das ganze Jahr über ist Panettone sehr beliebt – gern mit Füllungen und Überzug veredelt. So wird er auch in der Weihnachtszeit angeboten.

Kolonialzeitgeprägtes Australien

Der australische Kontinent befindet sich komplett in der südlichen Hemisphäre. Demnach fällt auch hier Weihnachten in den Hochsommer und die Temperaturen sind im Dezember gebietsweise noch höher als in Brasilien. Trotzdem erfreuen sich traditionelle, britische Gebäckspezialitäten großen Zulaufs, was auf die Kolonialzeit zurückzuführen ist. King-Cakes – gehaltvolle Früchtekuchen jeglicher Couleur stehen im Mittelpunkt. Sie sind „homemade“ oder werden in Bäckereiläden und im Einzelhandel angeboten.

Zusammenfassung

Spezialitäten aus deutschen Landen wie Christstollen, Lebkuchen und Spekulatius sind fester Bestandteil der Weihnachtskultur. Längst haben sie den Siegeszug über unsere Grenzen hinaus angetreten und gelten international als Inbegriff deutscher Handwerkskunst. Inzwischen hat aber auch ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Ein Paradebeispiel ist der italienische Panettone, der längst globale Beliebtheit erlangt hat. Viele Länder rund um den Globus pflegen eine Tradition der eigenen Weihnachtsgebäcke. Die Ausrichtung dieser Spezialitäten ist recht unterschiedlich: Mal sind sie gehaltvoll und mit diversen Gewürzen veredelt, wie wir sie kennen, mal sind sie eher fruchtig-leicht und in manchen Ländern werden sogar Desserts zu Weihnachten bevorzugt. Die Gründe dieser Diversität sind unterschiedlich. Oftmals ist die Beliebtheit bestimmter Spezialitäten auf die jeweiligen klimatischen Bedingungen zurückzuführen. Historische Hintergründe, Stichwort Kolonialismus, haben natürlich auch entsprechende Spuren hinterlassen und den Geschmack der Konsumenten geprägt.

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