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Tommy Lebe, Bäckermeister international, Spezialgebiet „Dekorbrote“, IREKS GmbH, Kulmbach
Lena Albrecht, Marketing-Assistenz Deutschland, IREKS GmbH, Kulmbach
Brot ist ein wesentlicher Bestandteil der täglichen Ernährung – doch für einige ist es noch weitaus mehr: Es ist Kunst! Dabei spielt Kreativität und Leidenschaft eine wichtige Rolle, um ein Brot zum Herzstück einer Bäckerei zu machen. Mit verschiedensten Werkzeugen und Techniken können in nur wenigen Schritten Kunstwerke kreiert werden, die ein echtes Alleinstellungsmerkmal schaffen. Ob Stierkopf, Ahornblatt oder ausgefallene Muster – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Anders sein als andere, sich am Markt abheben, etwas Besonderes bieten – in Zeiten des permanenten Wettbewerbs ist ein Alleinstellungsmerkmal wichtiger denn je. Und was könnte besser als Blickfang in der Bäckertheke dienen als Dekorbrote? Wie passend, dass das Interesse an kunstvoll aufgearbeiteten Broten immer weiterwächst.
Vorteile von Dekorbroten
Individuelle Gestaltungen lassen Backwaren einzigartig und hochwertiger wirken. Das macht Endverbraucherinnen und Endverbraucher neugierig. Da sich Dekorbrote durch die individuelle Gestaltung von Standard-Produkten abheben, sind diese nicht nur ein echtes Highlight in der Theke, sondern bieten auch Wettbewerbsvorteile. Darüber hinaus können Backbetriebe den Wow-Effekt dieser Brote auch nutzen, um ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen und die Kundenbindung zu erhöhen.
Werkzeuge
Am wichtigsten für die Herstellung von Dekorbroten sind die Hände und die handwerklichen Fähigkeiten einer Bäckerin oder eines Bäckers. Dekorbrote können nicht nur mit speziellen Werkzeugen kreiert werden, sondern auch mit der klassischen Ausstattung einer Bäckerei. Die Auswahl an Hilfsmitteln ist groß: Messer, Scheren, Pizzaroller, Teigschaber, Rollhölzer, Pinsel, Siebe sowie Backformen sind nur einige Möglichkeiten, Broten ein besonderes Aussehen zu verleihen. Generell ist dabei zu beachten, dass die Werkzeuge – insbesondere Messer – gut geschärft sein sollten.
Bereits eine außergewöhnliche bzw. auffällige Brotform weckt Interesse. Diese kann unter anderem durch verschiedene Formen und Ausführungen von Gärkörbchen erzielt werden. Statt eines runden oder länglichen Gärkörbchens kann zum Beispiel eine dreieckige Form mit Gravur verwendet werden.
Auch Motivbrote, die sich mithilfe von Lasern, Ausstechern oder Schablonen kreieren lassen, sind sehr beliebt. Insbesondere Letztere eignen sich hervorragend für alle Einsteiger, die sich dem Thema Dekorbrote neu widmen möchten. Wer keine Schablone parat hat, kann ganz einfach ein Kuchengitter als Alternative einsetzen oder auf Backbleche mit verschiedenen Strukturen zurückgreifen. Zusammen mit der indirekten Schablonentechnik entstehen so ebenfalls kontraststarke Muster.
An Leinentücher denkt im ersten Moment wohl niemand, wenn es um Dekormethoden geht. Doch durch das Einziehen und Bedecken der Teiglinge absorbiert das Tuch eine gewisse Feuchtigkeit der Teigoberfläche. Zudem verhindert es das Austrocknen. Durch eine spezielle Anordnung lässt sich die Form der Teiglinge maßgeblich bestimmen und zusätzlich stabilisieren.
Führungsarten
Neben den richtigen Utensilien spielen auch die verschiedenen Teig- und Kälteführungen eine wichtige Rolle, um den gewünschten Kontrast und das entsprechende Ausbundverhalten zu erzielen. Bei der Herstellung von Dekorbroten bringt die Gärunterbrechung (GU) bzw. die Gärverzögerung (GV) einen Qualitätsvorteil durch den enzymatischen Abbau. Zucker und Aminosäuren, die durch diesen Vorgang entstehen, sorgen für eine verstärkte Maillard-Reaktion und damit für eine charakteristische Bräunung. Die Gebäcke erhalten daher eine zartsplittrige, kastanienfarbene Kruste und einen ausgeprägten Ausbund, der sich durch Temperatur und Gärzustand steuern lässt. Zudem entwickelt sich durch die enzymatischen Abbauvorgänge während der Lagerphase ein malzig-aromatischer Geruch und Geschmack, und es entsteht eine offene, saftige Krume. Ein weiterer Vorteil ist, dass Schnitttechniken bei GV geführten Teiglingen filigraner umgesetzt werden können, da die Oberflächenbeschaffenheit trockener und elastischer ist. Beim Einsatz von Roggen-, Vollkorn- und enzymreichen Mehlen empfiehlt sich die direkte Führung, da die Teiglinge bei einer Kälteführung zu stark abbauen und an Stabilität verlieren.
Der Einsatz einer indirekten Führung mit Vorteigen ist vor allem für enzymarme Roggen- oder Weizenmehle zu empfehlen, um den enzymatischen Abbau zu verstärken. Die Vorteige können als Alternative gesehen werden, wenn aus betrieblichen Gründen keine GV oder GU möglich ist. Über die Menge des eingesetzten Vorteiges können der enzymatische Abbau und die Vorverquellung gesteuert werden. Umso größer der Vorteiganteil, desto ausgeprägter wird die Krustenfarbe und damit der Kontrast zum Staubmehl.
Das Ausbundverhalten der Brote wird bekanntermaßen vom Gärzustand und der Kerntemperatur der Teiglinge vor dem Backen beeinflusst. Ein knapper Gärzustand und eine niedrige Kerntemperatur führen zu einem starken Aufplatzen der Teiglinge. Ein sehr reifer Teigling mit einer höheren Kerntemperatur bricht hingegen weniger stark auf. Abhängig von der gewählten Führung und dem angestrebten Ausbund sollten die Kerntemperatur und der Gärzustand entsprechend angepasst werden. Somit lässt sich die Triebkraft des Teiglings im gewünschten Maße beeinflussen.
Lagerung
Auch auf die richtige Lagerung der Teiglinge kommt es an. Für eine ausdrucksstarke, mehlige Kruste sollten die Teiglinge mit der Oberfläche im Staubmehl liegen. Durch das Leinentuch haftet das Staubmehl besser an den Teiglingen. Während der Kälteführung nimmt die Teiglingsoberfläche, die nicht durch das Leinentuch abgedeckt ist, die Feuchtigkeit aus dem Raum auf. Dadurch entsteht nach dem Backen eine glänzende, kastanienbraune Oberfläche auf der Kruste, die den Kontrast verstärkt.
Techniken
Um Dekorbrote herzustellen, gibt es eine Vielzahl an Techniken – von einfacheren Methoden bis hin zu filigranen Handgriffen. Hierbei sollte auch der zeitliche Aufwand im Blick behalten werden. Daher ist es hilfreich, sich zunächst mit einfacheren Techniken zu befassen und bei Bedarf nach und nach ausgefallenere Ideen auszuarbeiten.
Am häufigsten kommt wohl die Schnitttechnik in der Backstube zum Einsatz. Mit ein paar wichtigen Tipps und Tricks ist die Technik schnell und einfach umsetzbar. Auch an dieser Stelle trifft wohl das Sprichwort „Übung macht den Meister“ zu, denn je öfter die Technik angewendet wird, desto präziser wird das Ergebnis. Das Einschneiden beeinflusst das Ausbundverhalten erheblich, wirkt sich auf die Volumenzunahme sowie auf die strukturelle Beschaffenheit des Brotlaibs aus und sorgt für eine ansprechende Optik.
Im Allgemeinen ist zu beachten, dass der Winkel des Messers richtig gesetzt ist. Denn dieser ist entscheidend für einen gleichmäßigen Ausbund. Bei ovalen oder länglichen Brotformen ist ein Schnitt zwischen 10° und 45° für ein optimales Ergebnis vorteilhaft. Schnitte ab 45° verringern die Chance auf einen gleichmäßig ausgebildeten Ausbund.
Das Einschneiden sollte rasch in einem Zug erfolgen. Einfacher in der Anwendung sind symmetrische Schnittmuster. Beim Ofentrieb dehnt sich der Teigling aus. Durch eine symmetrische Schnitttechnik können der Wasserdampf und das Kohlendioxid gleichmäßig an den gesetzten Schnitten austreten und das gewünschte Muster behält seine Form.
Auch mit der Schere lassen sich attraktive Gebäckformen herstellen. Je nach gewünschtem Aussehen wird dabei der Teigling in der Mitte oder am Rand eingeschnitten. Dabei eignet sich sowohl eine klassische Schere mit geradem Schliff als auch eine Zackenschere für spezielle gezackte Motive. Der Schnittwinkel – ob flach oder tief – ist entscheidend, um das entsprechende Ausbundverhalten und eine besondere Form zu erhalten.
Für den Start eignet sich außerdem die Schablonentechnik: Mit der direkten oder indirekten Siebtechnik kann man ein ausdrucksstarkes Muster auf den Broten erzeugen. Am häufigsten werden dabei wohl Kunststoffschablonen verwendet, da diese sehr praktisch im Handling sind. Je nach Brotsorte bzw. Bräunung der Kruste eignen sich Kakao oder Weizenmehl zum Abstauben, um einen schönen Kontrast auf dem Gebäck zu erzeugen. So entstehen mit wenigen Handgriffen individuelle Motivbrote.
Mit der Einschlagtechnik werden spezielle Formen geschaffen. Das Ausbundverhalten lässt sich durch die Teiglingsstärke des ausgerollten Bereichs vielfältig verändern. Beim Einschlagen des Teiglings sollte darauf geachtet werden, dass der ausgerollte Bereich komplett über den nicht ausgerollten Teil eingeschlagen wird.
Eine weitere Möglichkeit ist die Krustenringtechnik: Diese zeigt, dass es nicht immer aufwendig sein muss! Mit einer Drehbewegung des Teiglings im groben Hartweizengrieß (optional: Maisgrieß) kann die Oberflächenstruktur verändert werden. Durch die so geschaffenen feinen Haarrisse entsteht mithilfe von Mehl eine sehr rustikale Krustenoptik.
Um wild aufgerissene Brote zu erzielen, eignet sich die Ausbundtechnik. Die Teiglinge werden im ersten Schritt schonend rund oder eckig zusammengelegt. Nach einer kurzen Zwischengare werden sie leicht flach gedrückt und eingeschlagen. Anschließend wird mit den Fingern der Schluss fixiert. Dadurch erhalten sie zentriert ihre Spannung. Wichtig ist dabei, die Teiglinge mit genügend Druck auszulängen, um Hohlräume durch zu viel eingeschlagene Luft zu vermeiden.
Ein besonderes Geschmacks- und Farberlebnis
Brote können des Weiteren durch verschiedene Zutaten veredelt werden, die für einen besonderen Wow-Effekt sorgen. Denn einige Rohstoffe bringen nicht nur Farbe ins Spiel, sondern verfeinern gleichzeitig auch den Geschmack.
Beispielsweise können Malze eingesetzt werden. Malz wird aus gekeimtem, getrocknetem Getreide hergestellt. Als Backzutat sorgt es für eine weichere, feuchtere Krumenstruktur, eine angenehme Krustenfarbe, anhaltende Krustenrösche und ein charakteristisches Aroma. Verschiedenste Varianten bieten eine große Vielfalt an Geschmack und Krumenbräunung.
Auch Staubmehle bewirken einen besonderen, kontrastreichen Effekt. Die Auswahl sollte sich dabei immer nach der Struktur bzw. Farbgebung der Gebäckoberfläche richten: Für eine helle Kruste eignen sich dunkle mehlförmige Zutaten, bei einer dunklen Kruste helle Weizenmehle. Für die Herstellung von Spezial-Staubmehlen wird Weizenmehl mit Malz, farbintensiven Lebensmitteln wie Kakao oder dem gewünschten färbenden Lebensmittel vermischt. Färbende Lebensmittel sind Lebensmittelzutaten aus farbintensivem Obst, Gemüse oder essbaren Pflanzen wie Rote Bete, Matcha, Spirulina oder Karotte. So können Lebensmittel natürlich und in voller Farbintensität gefärbt werden.
Als weitere geschmacksgebende und markant färbende Zutaten können Kürbiskernöl (grünliche Färbung) oder Gewürze wie Kurkuma (gelbliche Färbung) eingesetzt werden. Außergewöhnlicher ist der Sepia-Farbstoff aus dem Tintenbeutel von Tintenfischen, der zum größten Teil aus grau-schwarzem Melanin besteht, das Gebäcken einen einzigartigen Charakter und eine dunkle Farbe verleiht. Diese Kombinationen bewirken einen besonderen Kontrast auf Gebäcken, wobei es eine große Vielfalt gibt. Die Teiglinge werden dann abgesiebt oder im Staubmehl gewälzt. Durch das Absprühen mit Wasser wird der Effekt der Farbgebung nach dem Backen verstärkt.
Um die Gebäckoptik in einem weiteren Schritt aufzupeppen, sind Toppings eine ideale Möglichkeit: Ob in Saaten und Körnern gewälzt, mit Mehl abgesiebt oder kontrastreich verziert – Toppings verleihen Dekorbroten einen letzten Schliff. Je nach gewünschter Kontraststärke oder Geschmacksrichtung sind sie unterschiedlich einsetzbar. Auch hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Chiasamen, Leinsamen, Quinoasamen, Sesam, Mais Crispys, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Haferflocken, Hartweizengrieß, Mohn und viele weitere Zutaten eignen sich hervorragend, um die Kruste sowohl optisch als auch geschmacklich aufzuwerten.
Werbewirksame Nutzung
Soziale Medien sind wichtige Kommunikationskanäle, welche die Möglichkeit bieten, Dekorbrote mit einer großen Zielgruppe zu teilen und einen kleinen Vorgeschmack auf das kreative Brotsortiment zu geben. So kann der Bekanntheitsgrad – auf digitalem Weg – gesteigert werden. Darüber hinaus beeindrucken die kunstvollen Dekorbrote natürlich auch in der Theke der Bäckereien selbst. Werden diese entsprechend in Szene gesetzt und auffällig präsentiert, ziehen sie mit Sicherheit die Aufmerksamkeit auf sich.
Zusammenfassung
Handwerklich gefertigtes Brot gilt seit Jahrhunderten als die Kernkompetenz einer Bäckerei und soll es auch bleiben. Kreativität, handwerkliches Geschick und Leidenschaft – all das verkörpern Dekorbrote! Die dekorativ aufgearbeiteten Brote bieten einige Vorteile für Bäckereien. Das Schaffen von Alleinstellungsmerkmalen, die Stärkung der Kundenbindung und die Generierung von Wettbewerbsvorteilen sind nur wenige Beispiele dafür. Bei der Herstellung von Dekorbroten ist eine Vielzahl an Möglichkeiten denkbar: Angefangen bei der Wahl der Form, über die verschiedenen Dekortechniken wie beispielsweise die Schnitt- oder Schablonentechnik, der Verwendung von farbgebenden Zutaten bis hin zu den Führungsarten gibt es viele Wege, Brote einzigartig und außergewöhnlich zu gestalten. Bereits mit kleinen Gestaltungselementen kann eine große Wirkung erzielt werden. Neben der auffallenden Optik steht auch der individuelle Geschmack der Brote im Vordergrund, denn jeder Backbetrieb kann mit seinen eigenen Teigen bzw. Rezepten Dekorbrote herstellen.
Quellen:
[1] IREKS GmbH (2022), Brot.Kunst.Werke. (1. Auflage), mgo360 GmbH & Co. KG