Von Lebensmittelverschwendung zu Refood – lokale Lösungsansätze für ein globales Problem

Foto: ©Marianna OLE on Pexels

Nicole Barth, Marketingleitung Martin Braun KG, Hannover

Der Begriff „Foodwaste“ ist heutzutage in aller Munde, und das zu Recht. Er bezieht sich auf die Verschwendung von Lebensmitteln in allen Bereichen. Vom Feld bis zum Teller geht ein Drittel aller Lebensmittel verloren. Dieser Herausforderung gilt es zu trotzen – sowohl im produzierenden Gewerbe als auch zu Hause. Ein schonender Umgang mit Ressourcen sowie clevere Ideen zur Nutzung von Resten können bereits einiges bewegen.

Wo entsteht eigentlich überall Foodwaste?

Lebensmittelverschwendung ist ein dringendes globales Problem mit weitreichenden ökologischen, ökonomischen und ethischen Konsequenzen. Jährlich wird weltweit etwa ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen, was nicht nur Ressourcen verschwendet, sondern auch den CO₂-Ausstoß erhöht und die Ernährungssicherheit gefährdet. Allein in Deutschland werden laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jährlich etwa 11 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt – obwohl ein Großteil davon noch genießbar wäre. Dies hängt auch damit zusammen, dass Verbraucher beispielsweise von Bäckereien eine stetige Verfügbarkeit einer großen Produktpalette verlangen, die tagesfrisch und in bester Qualität daherkommen soll.
Für Bäckereibetriebe bedeutet das ein hohes Aufkommen an Retouren und damit auch Umsatzeinbußen und zusätzliche Kosten.

Zentrales Ziel
United Nations Sustainable Development Goal 12.3: Diese Initiative hat das Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren, und ist eine der treibenden Kräfte hinter internationalen Bemühungen.

In der EU werden etwa 20% der produzierten Lebensmittel weggeworfen, während in den USA sogar rund 40% der Lebensmittel jährlich im Müll landen. Foodwaste kann entlang der gesamten Wertschöpfungskette auftreten: Bereits auf dem Feld oder beim Obstanbau gehen Lebensmittel verloren, da vermeintlich unperfekte Erzeugnisse aussortiert oder Teile der Ernte aufgrund fehlender Arbeitskraft liegen bleiben. Bei der Lagerung dieser Agrarprodukte treten Verluste durch ungeeignete Lagerbedingungen auf. In der Verarbeitung und Produktion führen Überproduktion und Ausschuss aufgrund nicht erfüllter Qualitätsstandards ebenfalls zu Verlusten. Schäden auf dem Weg zum Handel sowie unsachgemäße Lagerung tragen weiterhin zur Verschwendung bei. Im Einzelhandel und in der Gastronomie erhöhen abgelaufene Mindesthaltbarkeitsdaten und nicht verkaufte Ware den Foodwaste weiter. In Privathaushalten enden wiederum Überkäufe, falsche Lagerung und vergessene Lebensmittel häufig im Abfall.

Aspekte: Ökonomie, Ökologie und Ethik

Lebensmittelverschwendung stellt einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust dar. Auch ökologisch hat sie gravierende Auswirkungen: Lebensmittelproduktion erfordert große Mengen an Wasser, Energie und Land und verursacht CO₂-Emissionen. Zudem ist der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden umweltbelastend. Ethisch betrachtet ist es ein unakzeptables Paradoxon, dass ein Drittel der Lebensmittel weltweit verschwendet wird, während in vielen Regionen Hunger herrscht.

Ansätze zur Reduktion von Foodwaste

Um der Verschwendung von Lebensmitteln entgegenzuwirken, gibt es zahlreiche innovative Lösungen: Start-ups und Abonnementdienste bieten „hässliche“ Lebensmittel an, wie beispielsweise zu krumme Gurken, die sonst aussortiert würden. Apps, wie beispielsweise „to good to go“ verkaufen überschüssige Lebensmittel aus Gastronomie und Handel zu reduzierten Preisen. Künstliche Intelligenz hilft außerdem, die Produktion besser an die Nachfrage anzupassen, Retouren zu minimieren und damit Überproduktion zu vermeiden. Auch politische Maßnahmen wie bei unserem Nachbarn wären denkbar: Frankreich verpflichtet Supermärkte seit 2016 zur Spende überschüssiger Lebensmittel, was die Menge gespendeter Lebensmittel und deren Qualität verbessert hat.

Ein praktisches Beispiel für die Bekämpfung von Foodwaste in Bäckereibetrieben ist Refood: die kreative Wiederverwendung von Lebensmittelresten. In Bäckereien können überschüssige Backwaren in neue Produkte verwandelt werden. Die klassische Rumkugel oder Semmelbrösel sind bekannte Beispiele für Refood. Auch diverse süße Gebäcke wie Schweineohren oder Blätterteiggebäcke aus Croissant-Resten und Schoko-Mocca-Cookies mit Kaffeesatz können Profi und Kunden gleichermaßen begeistern. Doch Refood geht auch in herzhaft: Backwaren wie pikante Twister aus Blätterteigresten oder Pizzastulle und Brotchips mit altem Brot sind schnell herzustellen, und schmecken jedem.

Einfache und kreative Rezeptideen für Refood

Pizzastulle

Foto: ©Martin Braun-Gruppe

Herzhafter Snack aus Weizenmischbrot vom Vortag
Gesamtstückzahl: 20

Zutaten
1 kg Weizen- oder Weizenmischbrot in Scheiben (vom Vortag) | 200 g Tomatensauce | 100 g Delikatess Fond | 1 kg Gemüse | 500 g Tomaten | 200 g geriebener Gouda | 5 g Oregano | 5 g Salz | 200 g geriebener Gouda zum Bestreuen

Herstellung
Ca. 20 Brotscheiben auf ca. 16 mm schneiden. Für die Auflage alle Zutaten zusammen verrühren. Gemüse wie vorhanden verwenden und je nach Wunsch Salamistücke oder Kochschinkenwürfel hinzufügen. Salz und Gewürz je nach Geschmack einsetzen. Jeweils ca. 100 g Auflage auf die Brotscheiben streichen. Mit Gouda oder Pizzakäse bestreuen.

Backtechnik
Backtemperatur: ca. 230 °C
(=Brötchenbacktemperatur), fallend um 30 °C
Backzeit: ca. 6-8 Minuten

 

Schoko-Mocca- & Kaffee-Caramel-Cookies

Foto: ©Martin Braun-Gruppe

Knusprige Kekse mit Kaffeesatz
Gesamtstückzahl: ca. 50 Stück

Zutaten
1 kg Cookie Mix | 350 g weiche Butter | 60 g Wasser | 100 g trockener Kaffeesatz | 200 g gebrauchsfertige Schokoladencreme | 150 g Schoko­laden-Dekor

Herstellung
Alle Zutaten bis auf das Schokoladen-Dekor zu einem Teig verkneten. Das Schokoladen-Dekor zum Schluss kurz unterlaufen lassen. Den Cookie-Teig mithilfe eines Eisportionierers in ca. 35 g Stücke abwiegen. Auf mit Backpapier ausgelegte Bleche absetzen. Abbacken.

Variante Kaffee-Caramel-Cookies: Statt mit gebrauchsfertiger Schokocreme den Cookie-Teig mit 90 g Caramel-Dessertpaste abschmecken.

Backtechnik
Backtemperatur: ca. 190 °C
(= 40 °C unter Brötchenbacktemperatur)
Backzeit: ca. 10-12 Minuten

 

Fazit

Jeder kann einen Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung leisten – vom Erzeuger über den Handel bis zum Verbraucher. Durch bewussten Umgang mit Lebensmitteln und kreative Nutzung von Resten können nicht nur Ressourcen geschont, sondern kann auch ein positiver Beitrag zur Umwelt und Gesellschaft geleistet werden. Lösungen wie Refood zeigen, dass aus vermeintlichen Abfällen schmackhafte und nützliche Produkte entstehen können.

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