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Dr. Philipp Fesel, Produktmanager Fermentation bei UNIFERM GmbH & Co. KG, Werne
Veredelte Trockenhefen entspannen Teige und verbessern den Geschmack
Natürliche Backhefe wird schon seit Tausenden von Jahren zur Herstellung von Backwaren jeglicher Art verwendet und ist die Basis für eine optimale Gebäckqualität durch gleichmäßige Triebkraft. Doch neben ihrer Funktion als Volumengeber hat Backhefe noch mehr zu bieten. Spezielle Trocknungs- und Veredelungsverfahren ermöglichen heute den vielfältigen Einsatz inaktiver Trockenhefen zur Verbesserung des Geschmacks und der Teigeigenschaften.
Natürliche Backhefe ist ein modernes Hochleistungsprodukt und erfüllt ein umfangreiches Anforderungsspektrum: Sie garantiert eine optimale Gebäckqualität durch gleichmäßige Triebkraft, hervorragende Haltbarkeit und höchste Reinheit in den Herstellprozessen aller Betriebsgrößen der backenden Branche. Zudem verleiht sie Backwaren das charakteristische, wohlschmeckende Aroma eines Hefegebäckes.
Hochwertige Backhefe steht für Sicherheit und Verlässlichkeit bei der Herstellung von Backwaren, unabhängig von ihrer Angebotsform (flüssig, als Block oder granuliert). Sie toleriert je nach Sorte unterschiedliche Zuckergehalte oder die Verwendung von Säureregulatoren im Teig. Auch anspruchsvolle Herstellungsprozesse wie Gärverzögerung oder Langzeitfrostung sind für leistungsstarke Backhefe kein Problem.
In den letzten Jahren sind auch die inneren Werte der Backhefe verstärkt in den Fokus gerückt. Backhefe ist natürlich reich an Vitaminen unter anderem des B-Komplexes, enthält hochwertiges Eiweiß sowie Mineralstoffe und Spurenelemente. Durch den Einsatz spezieller Trocknungs- und Veredelungsverfahren entstehen inaktive Trockenhefen, die keinerlei Triebkraft mehr aufweisen und zur Abrundung des Geschmacks und zur natürlichen Verbesserung der Teigeigenschaften eingesetzt werden können.
Aromahefen als Game Changer
Getrocknete Backhefe, insbesondere Hefeflocken sind bereits seit vielen Jahren etablierte Zutaten zur Abrundung des Geschmacks und zur Erzeugung aromatischer Geschmacksnuancen. Gerade in der mediterranen Küche, als Käseersatz oder generell in der veganen beziehungsweise pflanzenbasierten Ernährung erfreuen sie sich großer Beliebtheit.
Das Ziel der vielfältigen Fermentationsverfahren in der Bäckerei ist es ebenfalls, besondere Aromaprofile und geschmackliche Tiefe ins Gebäck zu bringen. Allerdings sind die dafür notwendigen Vorteig- und Sauerteigverfahren zeit- und arbeitsintensiv. Dies stellt angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels eine besondere Herausforderung für Bäckereien dar. Darüber hinaus sind solche Fermentationsverfahren in der Bäckerei fehleranfällig und nicht selten mit schwankender Qualität verbunden. Abhilfe schaffen gebrauchsfertige Vor- und Sauerteige sowie weitere Fermente, die besonders dank des Einsatzes von Aromahefe zur geschmacklichen Individualisierung der Gebäcke beitragen.Die Wirkung der Aromahefen beruht auf der Vielfalt der natürlich in der Hefe vorkommenden Zuckerverbindungen, Aminosäuren, Peptide und Proteine. All diese Stoffe haben das Potenzial, durch die Wahl der richtigen Fermentationsbedingungen und der richtigen Veredelungsschritte besondere Aromanuancen entstehen zu lassen. Dieses Spektrum an sogenannten Fermentationsaromen trägt zur Individualisierung von Kleingebäcken und Broten bei. Als Teil von mehrstufigen Fermentationsprozessen entstehen hefige, karamellartige oder typisch säuerliche Geschmacksprofile zum Beispiel auf Basis von Dinkel, Weizen oder Durum. Aber nicht nur als Bestandteil von gebrauchsfertigen Vor- und Sauerteigen spielen Aromahefen eine wichtige Rolle. In Backzutaten für Kleingebäcke können Aromahefen typische Fermentationsaromen und geschmackliche Tiefe ins Gebäck bringen und somit den Effekt einer Langzeitführung noch verstärken.
Teigentspannung dank Hefe
Die präzise Steuerung der Teigeigenschaften ist für die effiziente Herstellung von Backwaren aller Art von zentraler Bedeutung. Gerade bei der maschinellen Herstellung von Baguettes, Buns, Brezeln, Pizza, Fladenbroten und laminierten Teigen, beispielsweise für Croissants und andere Plundergebäcke, spielt die Verarbeitbarkeit der Teige eine wichtige Rolle, um die Produktionsleistung zu optimieren und Ausschuss zu reduzieren. Der Erfolgsfaktor für gut dehnbare, nicht schnurrende Teige lautet Teigentspannung. Um die Teigentspannung zu verbessern, kann man sich die natürliche Wirkung des Hefe-eigenen Biomoleküls Glutathion zunutze machen. Glutathion ist ein Tripeptid, bestehend aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Glycin und Cystein. Dieses Tripeptid kommt natürlicherweise in vielen Lebewesen vor, so auch in Backhefe (Saccharomyces cerevisiae). Durch spezielle Trocknungs- und Veredelungsverfahren wird das natürlich in der Hefezelle vorkommende Glutathion freigesetzt und dessen teigentspannende Wirkung erhalten.
In seiner reduzierten Form (kurz GSH; SH bezeichnet die freie Schwefel-Wasserstoffgruppe) ist dieses Tripeptid in der Lage, das Glutennetzwerk des Teiges gezielt zu entspannen. Im Teig lagert sich das GSH an die Disulfid-Brückenbindungen an, die die Glutenstränge miteinander vernetzen, und löst diese Verbindungen teilweise. Somit wird die Elastizität des Glutennetzwerkes als Ganzes reduziert und die Dehnbarkeit des Teiges steigt (siehe schematische Darstellung in Abbildung 1).
Der positive Effekt der so hergestellten inaktiven Trockenhefen hängt dabei maßgeblich von der Dosierung ab. Je nach Anwendung hat bereits eine Dosierung von 0,1 % auf Mehl eine messbare Wirkung auf die Teigentspannung, was sich beispielsweise im Extensographen als Erhöhung der Dehnbarkeit messen lässt (siehe Abbildung 2). Die Dehnbarkeit des Teiges steigt proportional zur Dosierung der inaktiven Trockenhefe an. Danach wird ein Plateau erreicht, auf dem die Dehnbarkeit auch bei weiterer Erhöhung der Trockenhefe-Dosierung nicht weiter verstärkt wird. Üblicherweise ist eine Dosierung der inaktiven Trockenhefe von 0,1 bis 0,5 % auf Mehl bereits ausreichend, um eine spürbare und die Teigverarbeitung verbessernde Wirkung zu erzielen (siehe Abbildung 3). Bei einer Überdosierung der inaktiven Trockenhefe kommt es allerdings zu einer zu starken Erweichung des Teiges bis hin zur Fließfähigkeit. Solche Teige sind dann kaum noch zu verarbeiten und zu formen und weisen ein deutlich vermindertes Gashaltevermögen auf. Bei richtiger Dosierung überwiegen aber klar die Vorteile dieser inaktiven Hefen. Wie Salz und Zucker haben diese inaktiven Hefen einen Einfluss auf den Geschmack der Backware, verbessern aber gleichzeitig auch die Eigenschaften des Teiges und vereinfachen so dessen Verarbeitung. Dank der geringen Dosierung können solche Hefeprodukte annähernd jeder Rezeptur on-top hinzugegeben werden, womit ihrer Anwendung kaum Grenzen gesetzt sind. Sowohl bei der Herstellung von Brezeln, Pizza, Fladenbroten, Baguettes und Buns als auch im Feinbackbereich bei laminierten Teigen für Croissants und andere Plundergebäcke spielt die gezielte Steuerung der Teigentspannung eine zentrale Rolle.
Zusammenfassung
Durch Variation der Prozessparameter können auch geschmacksintensive Aromahefen hergestellt werden, die den Gebäcken typische Fermentationsaromen verleihen und so zur Individualisierung beitragen. Inaktive Trockenhefen als Clean-Label-Produkte zur Verbesserung der Teigeigenschaften und des Geschmacks treffen den Zeitgeist und erweitern das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten von natürlicher Backhefe.
Natürliche Backhefe ist mehr als nur ein Triebmittel. Moderne Trocknungs- und Veredelungsverfahren ermöglichen die Herstellung einer Vielzahl von inaktiven Trockenhefeprodukten auf Basis von Backhefe. Durch spezielle Prozessführung kann so zum Beispiel das Hefe-eigene Biomolekül Glutathion freigesetzt und aktiviert werden. Solche inaktive Trockenhefen verbessern auf natürliche Weise die Teigentspannung und Maschinengängigkeit, indem sie die Dehnbarkeit der Teige erhöhen.