Foto: © Martin Braun KG
Alexander Henke, Leiter des Backforums der Martin Braun-Gruppe in Hannover. Fachlicher Ansprechpartner für die Anwendung des gesamten Produktsortiments. Gelernter Bäckermeister mit langjähriger Berufserfahrung in der Backbranche.
Das Konditorenhandwerk hat nicht ohne Grund den Baumkuchen zum Symbol seiner Zunft gewählt. Der König der Kuchen repräsentiert den hohen Anspruch der Konditoreikunst, bei der es um handwerkliches Können sowie die Qualität und Frische der Backwaren geht. Das klassische Traditionsgebäck Baumkuchen erlebt heute ein Comeback.
Die Herstellung eines Baumkuchens verlangt Aufwand und Kompetenz. Die Zutaten sind Butter, Eier, Zucker, Vanille, Salz und Mehl. Diese Grundmasse kann mit feinen Gewürzen, Alkohol, Marzipan, Nougat oder Nüssen veredelt werden. Die Herausforderung liegt einerseits in der Herstellung der Grundmasse nach dem 2-Kessel-Prinzip und im Backen an sich: Traditionell wurde Baumkuchen am offenen Feuer gebacken. Dazu diente getrocknetes Buchenholz oder Birkenholz. Heutzutage stehen moderne Baumkuchenmaschinen zur Verfügung, die elektrisch oder mit Gas betrieben werden. Die Bedienung erfolgt zum Teil manuell.
Der Baumkuchen wird aber nach wie vor in einzelnen Schichten gebacken, die im fertigen Gebäck an Jahresringe von Bäumen erinnern. Dies geschieht auf einer rotierenden Metallwalze. Sie wird zwischen den Backvorgängen immer wieder in eine Wanne getaucht, in der sich die Baumkuchenmasse befindet. Somit wird die Masse auf die Walze aufgetragen. Beim Backen ist große Vorsicht geboten, damit die Schichten wie gewünscht goldbraun werden, aber nicht anbrennen. Das Backen von 20 Schichten nimmt gut eine Stunde in Anspruch. Ab der zehnten Schicht verleiht der Konditor dem Baumkuchen seine typische wellenförmige Struktur, indem er bei jedem Backvorgang den Baumkuchen mit einem speziellen Kamm in Form bringt. Nach dem Auskühlen wird der Baumkuchen mit dunkler Kuvertüre oder weißer Schokolade überzogen. Er kann auch alternativ aprikotiert und mit Fondant glasiert werden.
Von klassisch bis kreativ
Im Herbst und Winter hat Baumkuchen Hochsaison. Er wird klassisch als Stück, in Ringen oder Baumkuchenspitzen angeboten. Anspruchsvolle Konditoreien bieten auch weitere edle Spezialitäten an, die an Baumkuchen angelehnt sind wie beispielsweise Schnitten oder erlesene Baumkuchentorten. Dabei birgt Baumkuchen noch weiteres Potenzial. Exquisite Fingerfood-Ideen wie Petits Fours oder Varianten to go wie Baumkuchen am Stiel erfreuen sich auch großer Beliebtheit und stellen gleichzeitig ein „Face Lifting“ für den Klassiker dar, mit denen neue Kundengruppen angesprochen werden. Und es geht noch fantasiereicher: Baumkuchenringe können auch als Basis für ganz neue Kreationen dienen wie „Gefüllte Schiffchen“, beispielsweise mit geschmackvoller Buttercreme.
Diese Neuinterpretationen des Baumkuchens haben ihm zu einer Renaissance verholfen. Hinweis: Sofern das Gebäck durch die neue Rezeptur nicht mehr dem Baumkuchen-Leitsatz für feine Backwaren entspricht, ist ein Name ohne die Bezeichnung Baumkuchen zu wählen.
Seit über 100 Jahren auch im Land des Lächelns
Weniger bekannt ist, dass bereits vor über 100 Jahren der Baumkuchen einen rund 10.000 km großen Schritt nach Japan gemacht hat. Verantwortlich hierfür war der deutsche Konditormeister Karl Joseph Wilhelm Juchheim aus Kaub am Rhein. Er wanderte zunächst nach China aus und zog im Jahr 1914 nach Japan, wo er seine erste Konditorei eröffnete, die auf edle Baumkuchen spezialisiert war. Der Startschuss einer Erfolgsgeschichte: Heute hat sich in Japan der Baumkuchen zu einem absoluten Ganzjahres-Klassiker etabliert. Er zählt zu den beliebtesten Gebäcken überhaupt und genießt einen kompromisslosen Stellenwert. Als Begleitung zu einer gepflegten Tee-Zeremonie bis hin zum Präsent für feierliche Anlässe. Der Großteil wird in Supermärkten und Warenhäusern gekauft, wo er aus industrieller Fertigung stammt. In den vergangenen Jahren ist allerdings verstärkt eine handwerkliche Herstellung zu beobachten, vor allem in den Großstädten, wo sich Patissiers mit dieser Spezialität profilieren. In den Metropolen gibt es auch reine Baumkuchen-Shops, die besonders chic und stylisch eingerichtet sind. Da der Baumkuchen in Japan nicht nach den uns bekannten Leitsätzen hergestellt wird, ist seine Umsetzung auch entsprechend inspirativ: Je nach aktuellem Trend wird die Baumkuchenmasse mit Ahornsirup oder Kirschblütenaroma abgeschmeckt oder erhält durch Schokolade oder Matcha ein farbiges Aussehen. Heute gilt Japan wohl als größter Baumkuchenproduzent weltweit, der neben dem hiesigen Markt auch Anrainerstaaten wie beispielsweise China, Taiwan und Korea versorgt. Hier wird Japan als Trendsetter angesehen. 2019 stand der „König der Kuchen“ im Mittelpunkt der Feier: 100 Jahre Baumkuchen in Japan.
Aus den Leitsätzen für Feine Backwaren
Baumkuchen, Baumkuchenspitzen, Baumkuchentorte
Die Massen enhalten auf 100 kg Getreideerzeugnisse und/oder Stärken mindestens 100 kg Butter oder die entsprechende Menge Butterreinfett und/oder Butterfett und mindestens 200 kg Vollei oder entsprechende Mengen Volleierzeugnisse. Es werden auch Mandeln, Marzipanrohmasse, Nüsse und / oder Nugat zugesetzt. Backpulver wird nicht verwendet. Sie werden in Schichten gebacken. Der Überzug besteht aus Schokoladeüberzugsmasse oder Zuckerglasur. Mit Schokoladearten verwechselbare Überzüge werden nicht verwendet.
Zusammenfassung
Der Baumkuchen zählt zu den traditionsreichsten Gebäcken überhaupt. Mit gutem Grund hat ihn das Konditorenhandwerk zum Symbol seiner Zunft gemacht. Entsprechend anspruchsvoll ist die Herstellung dieses Klassikers, mit dem Konditoren ihre Kunst und ihr Können unter Beweis stellen. Was die Zutaten für diese erlesene Spezialität angeht, stellen die Leitsätze für Feine Backwaren bestimmte Anforderungen.
Heute erlebt der Baumkuchen eine wahre Renaissance. Er ist nach wie vor in der Herbst-Winter-Saison beliebt. Neue Veredelungsideen für Baumkuchen und seine Interpretation als Fingerfood oder Varianten to go sprechen neue Zielgruppen an und machen ihn ganzjährig als Gebäckgenre interessant. Dabei spielt der japanische Markt eine spezielle Rolle. Hier haben sich besonders fantasiereiche Kreationen des Klassikers Baumkuchen entwickelt und erfreuen sich großer Beliebtheit. Als Premiumspezialität genießt der Baumkuchen einen kompromisslosen Stellenwert und steht im Mittelpunkt bei besonderen Anlässen. In den Metropolen Japans haben sich exquisite Shops etabliert, die ausschließlich Baumkuchen anbieten.