Foto: © Zeelandia
Hanna Neumann, M.Sc. Ernährungsökonomie und Marketing, PR & Communications Managerin, verantwortlich für PR und Kommunikation bei Zeelandia GmbH & Co. KG; Frankfurt am Main
Hülsenfrüchte haben in den letzten Jahren ein regelrechtes Comeback erfahren. Auf Grund ihres hohen Eiweißgehalts und weiterer, positiver ernährungsphysiologischer Eigenschaften haben sie sich als pflanzliche Alternative zu tierischen Produkten etabliert. Auch im Bereich von Backwaren finden Hülsenfrüchte dank ihrer Vielseitigkeit immer öfter Verwendung und werden beispielsweise als Frischhalter oder Hühnereiersatz geschätzt.
Laut der Definition des Bundeszentrums für Ernährung (BzfE) sind Hülsenfrüchte „reife, luftgetrocknete Samen von Pflanzen, die Fruchthülsen ausbilden“. Aus botanischer Sicht gehören sie zur Familie der Schmetterlingsblütler (Leguminosen). Die meisten Früchte haben ihren Ursprung im mittleren Osten, in Mittel- und Südamerika oder im Süden und Osten Asiens. Hierzulande zählen Erbsen, Bohnen, Linsen, Sojabohnen und Kichererbsen zu den bekanntesten Vertretern.
In Europa galten die Hülsenfrüchte lange als Arme-Leute-Essen, sind aber heute wegen ihrer ernährungsphysiologischen Eigenschaften immer beliebter. Laut dem BzfE enthält kein anderes pflanzliches Lebensmittel so viel Protein wie die Leguminosen – in getrocknetem Zustand 20 bis 35 Gramm pro 100 Gramm. Roh sind allerdings nur die wenigsten verzehrbar. Für einen verzehrfertigen Zustand werden die Hülsenfrüchte je nach Sorte über Nacht in Wasser eingelegt und anschließend 60 bis 90 Minuten gekocht. Auch dann sind Hülsenfrüchte weiterhin hervorragende Eiweißlieferanten mit einem Eiweißgehalt von ca. 5 – 10 %. Aufgrund ihres Eiweißreichtums haben sich Hülsenfrüchte in den letzten Jahren zu einer möglichen pflanzlichen Alternative zu Produkten tierischen Ursprungs entwickelt.
Dieses gestiegene Interesse wird auch im Bereich der Backwaren aufgegriffen, denn in Kombination mit verschiedenen Getreidearten entwickeln sich interessante Geschmacksnuancen und positive, backtechnische Effekte. Mögliche Einsatzgebiete und backtechnologische Eigenschaften werden nachfolgend vorgestellt.
Positive Effekte bei Backwaren
Verbraucher erwarten von Backwaren, dass diese nach dem ersten Anschnitt möglichst lange frisch sind. Frische ist dabei für 80 % der Konsumenten das Haupteinkaufskriterium bei Brot. Die Frischhaltung ist zum einen abhängig von den Zutaten und zum anderen von der Herstellung und Lagerung des Brotes.
Neben bekannten traditionellen Methoden der Frischhaltung, wie Einsatz von Sauerteig, Brüh- und Quellstücken, höhere Teigausbeute oder längere Teigführung, werden im Bereich der Hülsenfrüchte oft funktionelle Mehle als Zugabe verwendet.
Soja- und Lupinenmehle sind dort bisher die erste Wahl gewesen, werden aber aufgrund ihres hohen Allergiepotenzials häufig diskutiert. Als allergenfreie Alternativen eignen sich beispielsweise funktionelle Mehle aus Erbsen oder Bohnen. Diese beiden Rohstoffe versprechen neben einer verlängerten Frischhaltung durch vermehrte Wasserbindung viele weitere positive technologische Eigenschaften wie zum Beispiel eine Verbesserung der Teigeigenschaften oder eine Erhöhung der Gärleistung.
Erbsenmehl führt mit seinen emulgierenden und wasserabsorbierenden Eigenschaften bei der Herstellung von Waffeln zu einer besseren Verarbeitbarkeit der Masse.
Eine längere Verzehrfrische kann sehr gut anhand einer heimischen Bohnenart skizziert werden. Die Ackerbohne – auch Fava- oder Fababohne genannt – eignet sich aufgrund ihrer guten Wasserbindung hervorragend für das Backen von Brot. Damit sorgt das funktionelle Mehl auf natürliche Weise dafür, dass das Brot länger saftig und frisch bleibt. Untersuchungen zeigen, dass eine Verzehrfrische von bis zu 9 Tagen damit erreicht werden kann.
In hellen Backwaren wie zum Beispiel bei französischem Baguette kann Bohnenmehl eine optische Verbesserung bewirken, indem die Krume aufgehellt beziehungsweise der Teig gebleicht wird. Zudem bewirkt das Mehl, dass das Volumen größer wird.
Neben dem Bohnenmehl kann bei der Herstellung von Weißbrot Proteinextrakt aus Linsen und weißen Bohnen eingesetzt werden. Dieser bewirkt, dass die Krume des Weißbrotes eine gröbere Porung aufweist. Durch diese gröbere Porenstruktur kann das Brot mehr Feuchtigkeit binden, was einen positiven Effekt auf die Frischhaltung und Haltbarkeit des Produktes hat. In der Wahrnehmung des Verbrauchers entsteht durch die weichere und saftigere Krume eine höhere Qualität und das Brot wird als frischer eingestuft.
Pflanzliche Alternativen zu Hühnerei
Der Wunsch nach pflanzlichen Alternativen nimmt auch bei Feinen Backwaren zu. 61,8 % der Verbraucher wünschen sich eine größere Vielfalt an veganen Backwaren. Lebensmittel tierischen Ursprungs wie Hühnerei, die zum Beispiel beim Backen eine Bindung des Teiges herstellen sollen, dürfen dabei nicht verwendet werden. Daher haben sich für die Herstellung von veganen Gebäcken im Bereich der Hülsenfrüchte Kichererbsenmehl, Linsenmehl und Erbsenprotein als Eiersatz herauskristallisiert.
Die Herausforderung besteht aber vor allem darin, dass Geschmack, Textur und Mundgefühl des Endprodukts mindestens gleich gut bleiben. Kichererbsenmehl wird aus gemahlenen Kichererbsen hergestellt und hat eine grießige Textur. Geruch und Geschmack haben eine leicht nussige Note.
Linsenmehl wird aus gemahlenen Linsen hergestellt. Generell haben die Linsensorten einen erdigen, nussigen Geschmack, jedoch sind rote Linsen dabei noch süßlicher als andere Linsen. Zur Herstellung eines Eiersatzes wird beispielsweise das Kichererbsen- oder das Linsenmehl zum Quellen mit warmem Wasser gemischt und kann wie etwa beim Backen eines Rührkuchens unter die Masse gearbeitet werden. Dadurch werden die Zutaten gleichmäßig miteinander verbunden und der Kuchen bekommt mehr Stabilität. Diese funktionellen Mehle werden aufgrund ihres milderen Geschmacks häufiger in Feinen Backwaren eingesetzt als das Erbsenprotein, das sich, wenn es nicht entbittert ist, nicht so gut mit süßen Geschmacksprofilen verträgt.
Das rein pflanzliche und glutenfreie Erbsenprotein wird aus grünen oder gelben Schälerbsen gewonnen und hat häufig einen erbsigen, bittereren Geschmack. Es ist in verschiedenen Formen erhältlich – als Isolat, Konzentrat oder Mehl. In glutenfreien Backwaren erhöht Erbsenprotein das Gebäckvolumen (Anteil bis zu 5 %, bezogen auf die Zugabemenge an Mehl) und führt zu einer guten Elastizität der Krume. Ein weiteres Einsatzfeld findet sich bei der Herstellung einer Glanzstreiche ohne Ei. Glanzstreiche ist eine Mischung aus verschiedenen Zutaten, mit welcher Feingebäcke oder auch Brote vor oder nach dem Backen abgestrichen werden, um einen Glanz zu erzeugen oder zu verstärken, denn glänzende Produkte werden als hochwertiger oder frischer wahrgenommen. Bei den auf dem Markt verfügbaren, eifreien Alternativen wird vorwiegend Erbsenprotein verwendet.
Zusammenfassung
Hülsenfrüchte sind längst nicht mehr nur ein „Arme-Leute-Essen“, sondern erfahren aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts und weiterer, positiver ernährungsphysiologischer Eigenschaften ein wahres Comeback. Im selben Atemzug haben sie sich zu einer pflanzlichen Alternative zu Produkten tierischen Ursprungs entwickelt. Der Facettenreichtum im Geschmack und die hohe Funktionalität der Leguminosen werden auch bei der Herstellung von Backwaren geschätzt. Im Brotbereich werden dabei durch die Zugabe von funktionellen Erbsen- oder Bohnenmehlen positive Effekte auf die Frischhaltung und die Verarbeitbarkeit des Teiges beobachtet. Bohnenmehl kann auch eine optische Verbesserung bei französischem Weißbrot bewirken, indem die Krume aufgehellt wird. Im Bereich der Feinen Backwaren finden Leguminosen häufiger Anwendung als pflanzlicher Hühnereiersatz, um das gestiegene Interesse an veganen Backwaren zu bedienen. Kichererbsenmehl, Linsenmehl und Erbsenprotein erfüllen dabei die Funktion der Bindung und Stabilität. Dem Experimentieren mit Hülsenfrüchten in der Backstube sind keine Grenzen gesetzt und die Verwendung in Kombination mit Getreide kann beispielsweise für eine Differenzierung der Produkte hinsichtlich Frischhaltung und Vegan sorgen.
Quellen
Bundeszentrum für Ernährung (BzfE), Lebensmittelkunde Hülsenfrüchte (https://www.bzfe.de/lebensmittel/lebensmittelkunde/huelsenfruechte/), zuletzt geprüft: 10.07.2023
Die Brotschafterin, Hülsenfrüchte (https://brotschafterin.com/huelsenfruechte/), zuletzt geprüft am 10.07.2023
Zentrum der Gesundheit, Hülsenfrüchte sind nährstoffreich, preiswert und gesund, (https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/huelsenfruechte/huelsenfruechte), zuletzt geprüft am 10.07.2023
Foodingredients.de, Frischhaltung in Backwaren (https://www.foodingredients.de/trends/frischhaltung/), zuletzt geprüft am 11.07.2023
Foodingredients.de, Food Know-How Pisane in Backwaren, https://www.foodingredients.de/app/dl/gb-info-pisane-backwaren.pdf, zuletzt geprüft am 31.07.2023
Foodingredients.de, Food Know-How Erbsen- und Bohnenmehle, (https://www.foodingredients.de/app/dl/gb-info-mehle.pdf), zuletzt geprüft am 11.07.2023
Fibl.org., Mehr Hülsenfrüchte ins Brot (https://www.fibl.org/de/infothek/meldung/mehr-huelsenfruechte-ins-brot), zuletzt geprüft am 11.07.2023
Check.up Back.Business 4/2020, Ackerbohne verleiht Brot 9 Tage Frische, mehr Proteine & Ballaststoffe
Foodaktuell, Linsen und Bohnen statt Soja in Backwaren, https://www.foodaktuell.ch/2008/08/11/linsen-und-bohnen-statt-soja-in-backwaren/, zuletzt geprüft am 31.07.2023
Veganz, https://veganz.de/wp-content/uploads/2022/01/2022-01-14-ernaehrungsreport-2021-de-final.pdf, zuletzt geprüft am 31.07.2023
The World of Food Ingredients, Animal-free Innovation – What’s powering plant-based alternatives in the sweet space?, Ausgabe Jan/Feb 2022, Seite 30 ff.
Iglo, Erbsenprotein, https://www.iglo.de/ernaehrung/green-cuisine/erbsenprotein#:~:text=Was%20ist%20Erbsenprotein%3F,knackige%20Gem%C3%BCse%20%C3%A4u%C3%9Ferst%20nahrhaft%20ist., zuletzt geprüft am 31.07.2023
Vegconomist, Erbsenprotein wird für Backwaren immer beliebter, https://vegconomist.de/food-and-beverage/brot-backwaren/erbsenprotein-wird-fuer-backwaren-immer-beliebter/, zuletzt geprüft am 31.07.2023