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Robert Scherbanowitz, Anwendungsberater Speiseeis bei der Martin Braun KG
Ein erfrischendes Speiseeis „geht immer“ und verzaubert jeden. Dabei ist die handwerkliche Herstellung keine Zauberei. Mit wenigen und ausgewählten Rohstoffen und einem gewissen Know-how kann jeder Gelatiere hochwertiges Speiseeis herstellen – der Inbegriff von Dolce Vita!
Die Hauptbestandteile von Speiseeis
Es gibt Grundregeln und Leitsätze, die man bei der Eisherstellung beachten muss, diese sollten aber nicht abschrecken. Allen voran die Hauptbestandteile von Speiseeis: Flüssigkeiten wie Wasser oder andere stark wasserhaltige Zutaten, Trockenkomponenten und Luft.
Flüssigkeiten sind mit 60 bis 70 % der Hauptbestandteil. Hierbei kann es sich beispielsweise um Sahne, andere Molkereiprodukte, Wasser und Früchte handeln. Trockenkomponenten machen etwa 30 bis 40 % aus und sind vor allem verschiedene Zuckerarten sowie die Trockensubstanz von Molkereiprodukten und Früchten, Bindemittel und weitere Füllstoffe wie Magermilchpulver oder Inulin. Wasser bildet Eiskristalle, sorgt für die Festigkeit und löst die Trockenkomponenten. Die Trockenkomponenten wiederum binden das Wasser und verhindern, dass das Eis zu fest wird. Sind zu viele Trockenkomponenten im Eis enthalten, wird das Eis schwer und sandig. Sind zu wenige enthalten, wird nicht ausreichend Wasser gebunden. Es bilden sich zu große Eiskristalle und das Eis wird rau und hart. Die Trockenkomponenten geben dem Eis also die richtige Konsistenz und Struktur und sind darüber hinaus wichtig für das Aufschlagvolumen, das Mundgefühl und das Schmelzverhalten. Und natürlich sorgen sie auch für Geschmack.
Bei der handwerklichen Herstellung von Speiseeis wird die Luft, die am Ende etwa 10 bis 35 % des Volumens ausmacht, nicht manuell, sondern während der Produktion in der Speiseeismaschine eingearbeitet. Es bilden sich Luftbläschen, die bewirken, dass das Eis weicher wird und ein angenehmes, nicht zu kaltes Mundgefühl entsteht.
Trockenkomponenten
Zuckerarten sind der Hauptbestandteil der Trockenkomponenten. Sie senken den Gefrierpunkt und geben dem Eis die Süße.
Verschiedene Zuckerarten besitzen unterschiedliche Süßkraft und unterschiedliche Eigenschaften, die bei der Verwendung beachtet werden müssen. Dextrose ist etwas weniger süß als Saccharose, hemmt die Rekristallisierung und senkt − wie andere Zuckerarten allerdings auch − den Gefrierpunkt. Das Eis wird weicher. Damit es nicht zu weich wird, sollte man Saccharose jedoch nur bis zu 25 % durch Dextrose ersetzen und die Konsistenz zwischendrin immer wieder überprüfen.
Invertzuckersirup hat eine hohe gefrierhemmende Wirkung. Ein Austausch von Saccharose durch diese Zuckerart sollte daher maximal 10 % betragen.
Trockenglukose ist hygienischer zu verarbeiten als Glukosesirup. Sie ist weniger süß als Saccharose, weist aber eine vergleichbare Gefrierhemmung auf und ist durch ihre klebrige Eigenschaft vorteilhaft bei der Herstellung von Fruchteis.
Als weitere süßende Zutaten können Honig, Ahornsirup und Laktose verwendet werden.
Neben Zucker gehören Füllstoffe zu den Trockenkomponenten. Magermilchpulver ist einer der am meisten genutzten Füllstoffe. Aufgrund seines hohen Proteingehalts unterstützt es das Aufschlagvolumen: Die enthaltene Laktose bindet das bis zu 7-fache des Eigengewichts an Wasser. Daher wird empfohlen, maximal 11,5 % einzusetzen. Inulin oder Nutriose® (ein resistentes Maisdextrin) sind pflanzliche Füllstoffe beziehungsweise Ballaststoffe, die nicht nur für die Herstellung von Fruchteis, sondern auch von veganem und laktosefreiem Eis geeignet sind.
Bindemittel/Stabilisatoren
Zu den Bindemitteln beziehungsweise Stabilisatoren gehören unter anderem Hühnereier, Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Agar-Agar, Gelatine und Pektine. Gemäß den Leitsätzen für Speiseeis enthält Creme-Eis vorgegebene Mindestmengen an Vollei oder Eigelb.
Hühnerei kann in Form von frischen Hühnereiern, pasteurisiertem Ei oder getrocknetem Eipulver eingesetzt werden. Aus hygienischen und qualitativen Gründen empfiehlt sich die Verwendung von pasteurisiertem Hühnerei anstelle von frischen Hühnereiern. Heute verzichten die meisten Gelatieri jedoch ganz auf Hühnerei, am häufigsten wird eine Mischung aus Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl als Bindemittel verwendet.
Fette
Für Speiseeis kann nahezu jedes Fett eingesetzt werden. Der Hauptanteil wird über die Sahne eingetragen. Der Fettanteil eines Eis-Basismixes sollte mindestens 3 % und maximal 12 % betragen. Gemäß den Leitsätzen gibt es mehrere Speiseeissorten, bei denen ein Mindestgehalt an Milchfett vorgegeben ist.
Fett gibt dem Eis eine feine Konsistenz, Geschmeidigkeit, Struktur und Körper.
Drei Methoden der Speiseeisherstellung
Bei allen Methoden, die beschrieben werden, müssen zunächst alle Trockenkomponenten korrekt abgewogen und gut vermischt werden.
Die schnelle kalte Methode ist vorwiegend für Frucht- oder Joghurteis geeignet. Dabei werden zunächst die Trockenkomponenten mit einem Drittel der Flüssigkeit glatt gerührt, um eine Verklumpung zu vermeiden. Anschließend wird die restliche Menge Flüssigkeit und Joghurt beziehungsweise Früchte hinzugegeben und 1 bis 2 Minuten püriert. Die Eismasse sollte noch 20 bis 30 Minuten vor dem Frieren reifen, damit sich alle Trockenkomponenten auflösen und aufquellen.
Die schnelle warme Methode findet in einer Kombimaschine statt. Diese Maschine hat einen Gefrierzylinder und einen Pasteurisierer. Hier wird die fertige Eismasse mit den geschmacksgebenden Zutaten auf 85 °C erhitzt und 4 Sekunden lang gehalten. So werden eventuelle Keime abgetötet. Anschließend kommt die heiße Eismasse direkt in die Gefriertrommel, wo sie zügig herunterkühlt und gefroren wird.
Bei der warmen Methode oder auch Langzeitpasteurisierung wird die Eismasse auf 65 °C erhitzt und 30 bis 35 Minuten gehalten. Diese Temperatur schont alle Rohstoffe und ermöglicht außerdem die Verarbeitung von Hühnerei, da das Eiweiß nicht gerinnt. Nach diesem Vorgang wird die Eismasse auf 4 °C heruntergekühlt und bleibt dann bei 4 °C für 8 Stunden bis maximal 72 Stunden unter kontinuierlichem Rühren im Pasteurisierer. Dieser Prozess führt zur Reifung der Masse, das Eis wird glatter, homogener und die Bindemittel quellen besser auf. Gleichzeitig entfalten die geschmacksgebenden Komponenten optimal ihre Aromen. Nach 72 Stunden muss die Eismasse erneut pasteurisiert werden, so schreibt es der Gesetzgeber vor.
Aktuelle Trends
Neben den Klassikern Schokolade, Vanille, Haselnuss, Stracciatella oder Erdbeere sind verstärkt neue Trend-Geschmacksrichtungen gefragt. Ein gutes Beispiel sind Eiskreationen mit international etablierten Schokoriegeln oder Keksspezialitäten. Diese bieten einen spannenden Texturen-Mix, stehen aktuell weit oben in der Beliebtheitsskala und sprechen eine breite Zielgruppe an.
Für die jungen Eisliebhaber ist außerdem ein farbenfrohes Einhorn oder Meerjungfrauen-Eis der absolute Hit. Diese beiden Eis-Spezialitäten können mit natürlichen Lebensmittelfarben und beliebten Geschmacksrichtungen wie Vanille, Himbeere oder Pistazie hergestellt werden.
Ein weiterer Trend sind Eissorten mit exotischen Gewürzen wie Kurkuma oder Ingwer, mit Kräutern wie Lavendel oder fernöstlichen Früchten wie Yuzu.
Zudem ist bewusster Eisgenuss wichtiger geworden, gefragt sind dabei möglichst wenig Fett und Zucker, dafür ein hoher Proteingehalt. Hier kann mit alternativen Süßen wie Ahornsirup oder der natürlichen Fruchtsüße gearbeitet werden. Und auch Bio und vegan spielen eine zunehmende Rolle.
Zusammenfassung
Handwerklich hergestelltes Speiseeis steht weit oben in der Gunst der Verbraucher. Die Herstellung setzt ein umfangreiches, fachliches Wissen voraus. Die Zutaten zur Speiseeisherstellung wirken sich nicht nur sensorisch aus, sondern beeinflussen auch die Beschaffenheit des Eises, wie beispielsweise die Struktur, die Konsistenz und das Mundgefühl. Außerdem spielen die Zutaten eine wichtige Rolle beim Gefrierpunkt des Eises.
Es gibt verschiedene Methoden, nach denen handwerkliches Speiseeis hergestellt werden kann.
Die Speiseeis-Branche und die Konsumenten-Nachfrage nach bestimmten Sorten und Spezialitäten werden sehr stark von internationalen Trends beeinflusst. Diese sind beispielsweise Geschmacksrichtungen mit exotischen Früchten, Gewürzen und Kräutern, die bei der Eisherstellung zum Einsatz kommen oder der Verbraucherwunsch nach Bio-Eis oder veganem Eis.