Individuelle Gebäcke für Differenzierung und Mehrwert
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Stefan Laackmann, Geschäftsführer CSM Ingredients
Das Weizenbrötchen ist das beliebteste Brötchen in Deutschland. Doch der Markt steht unter Druck: Lebensmitteleinzelhandel und Discounter haben sich zu ernst zu nehmenden Wettbewerbern entwickelt. Steigende Rohstoff- und Energiepreise machten zudem Preisanpassungen unumgänglich. Um sich in diesem Umfeld erfolgreich zu positionieren, braucht es neben höchster Handwerksqualität das gewisse Etwas, um Kunden zu begeistern. Hier kommen Markenbrötchen ins Spiel.
Marken geben Orientierung – durch ihre Bekanntheit an sich sowie die inhaltlichen Botschaften, die sie transportieren. So liefern jede Marke und jedes Markenprodukt einen bestimmten Nutzen für die angesprochenen Zielgruppen. Zudem fallen Markenprodukte auf und beschleunigen dadurch die Kaufentscheidung. Soweit die Theorie. Doch wie können Handwerksbäcker dies für ihren Geschäftserfolg nutzen? Wie wird ein Standardbrötchen zum Markenbrötchen? Und wie macht man seine Kundschaft auf die besonderen Backwaren aufmerksam?
Die Bäckerei als Marke
Am Anfang steht immer das eigene Image. Es ist sozusagen die Eintrittskarte. Denn Kunden nehmen eine Bäckerei nur als „positiv anders“ wahr, wenn die Kernmarke passt. Das gibt ihnen ein gutes Gefühl und sie kommen gern und regelmäßig wieder.
Hat sich eine Bäckerei erfolgreich als Marke etabliert, kann das Team damit beginnen, Gebäcke zu kreieren, die zu dieser Unternehmensmarke passen und auf deren Werte einzahlen. Diese bäckereigenen Spezialitäten abseits des Standards führen raus aus der Austauschbarkeit und liefern den Konsumenten einen sogenannten Reason to Believe, also einen Grund dafür, die Bäckerei gezielt aufzusuchen und sich bewusst für diese Produkte zu entscheiden. Das sorgt für eine nachhaltige Differenzierung am Markt und kann sich positiv auf Kundenbindung und -gewinnung auswirken. Denn sobald die Verbraucher eine Produktmarke gut annehmen, kommen sie immer wieder. Und es spricht sich schnell auch bei anderen Zielgruppen herum, dass es diese Backwaren nur bei dem einen speziellen Bäcker gibt. So können sich Markengebäcke positiv auf den Umsatz auswirken.
Ein Klassiker als Markenbotschafter
Hier schließt sich der Kreis zum Weizenbrötchen. Die Klassiker unter den Kleingebäcken machten im Jahr 2023 knapp die Hälfte aller verkauften Brötchen in Deutschland aus. Das galt bei Bäckereien (49,1 Prozent) ebenso wie bei SB-Backstationen inklusive Theken im Supermarkt (48,8 Prozent). Andere Sorten wie Roggen-, Sesam- oder Mohnbrötchen folgten erst mit deutlichem Abstand. Diese Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK verdeutlichen zweierlei: Zum einen ist das Weizenbrötchen nach wie vor beliebt und in Handwerksbäckereien ein wichtiger Bestandteil des Sortiments. Zum anderen setzt der Wettbewerb mit dem Lebensmitteleinzelhandel klassische Bäckereien auch in diesem traditionsreichen Segment zunehmend stark unter Druck. Markenbrötchen können eine Möglichkeit sein, diesem Druck nicht nur standzuhalten, sondern ihm langfristig erfolgreich zu begegnen.
Um ein Brötchen zur Marke zu machen und damit eine neue Wertstufe zu schaffen, bieten sich verschiedene Ansatzpunkte, etwa bei Aufarbeitung und Veredelung:
- Rezeptur – Besondere Zutaten wie Mehle aus der Region oder individuelle Geschmacksnoten überzeugen selbst anspruchsvolle Kunden.
- Form – Ob eckige Teiglinge oder eine gitterförmig eingeschnittene Oberfläche, unkonventionelle Formen fallen auf und stechen aus der breiten Masse hervor.
- Dekor – Maisgrieß und Co. unterstreichen den hochwertigen Charakter der Gebäcke und machen optisch bei geringem Aufwand einen großen Unterschied.
Ebenfalls wichtig ist ein griffiger Markenname, der den Gebäckcharakter unterstreicht. Er bleibt im Gedächtnis und fördert die Kundenbindung. Ist eine Unternehmensmarke stark in der jeweiligen Region verankert, kann es sich anbieten, den Namen des Betriebs in den Gebäcknamen zu integrieren.
So entsteht eine Spezialität, die es nirgendwo sonst zu kaufen gibt. Um deren Potenzial optimal auszuschöpfen, empfiehlt es sich, die neuen Markenbrötchen als Premiumvariante neben den Standardbrötchen zu positionieren – und somit als Bindeglied zwischen dem Standardsortiment und hochpreisigen Produkten.
Von der Idee bis zur Markteinführung
Neben Weizenbrötchen können Handwerksbäcker auch andere Kleingebäcke zur Marke machen. Der erste Schritt sollte dabei idealerweise eine Zielgruppenanalyse und ein Check des Konsumentenverhaltens sein, gegebenenfalls ergänzt um einen Verbrauchertest. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Zielgruppen der Betrieb mit dem Gebäck ansprechen möchte und ob die Marke die Vorlieben und Bedürfnisse dieser Zielgruppen erfüllt. Stehen beispielsweise traditionsbewusste Kunden im Fokus, kann sich ein Urgetreidebrötchen eignen. Sprossen- oder Fitnessbrötchen sprechen ernährungsbewusste Verbraucher an. Dinkelbrötchen wiederum vereinen Tradition und Trend und bieten somit gleich mehrere Ansatzpunkte, um Konsumentenwünsche zu erfüllen.
Im nächsten Schritt gilt es, den Nutzen für die ausgewählten Zielgruppen exakt zu beschreiben und in ein Kommunikationskonzept zu überführen. In dieser Phase sollte auch der Preispunkt geprüft werden.
Aus diesen Vorarbeiten ergibt sich ein konkretes Markenbild – der ideale Zeitpunkt, um alle Betriebsangehörigen vom Backstubenteam bis zum Verkauf über das neue Markenbrötchen zu informieren, entsprechend zu schulen und für die neue Produktmarke zu begeistern. Ist das ebenfalls geschafft, kann das Gebäck in den Verkauf gehen.
Erfolgsfaktor Marketing
Damit es sein volles Potenzial entfalten kann, sollten Bäckereibetriebe das neue Brötchen direkt in den Kundenfokus rücken. Der beste Weg dafür ist eine starke Präsenz, die die Marke erlebbar macht. Alle Maßnahmen sollten dabei auf deren Werte einzahlen.
Bei der Planung der Kommunikationsmaßnahmen ist es sinnvoll, die Route zum Verkauf im Kopf zu behalten. Der Kunde kommt von zu Hause über die Straße in den Laden und dort über die Theke sowie das Verkaufspersonal zum Produkt. Überall in dieser Kette gibt es Hebel und Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Kommunikation rund um das neue Markengebäck:
- Handzettel- und Verteilkartenaktionen im Einzugsgebiet der jeweiligen Filialen sowie Posts in den sozialen Medien bringen die Marke ins Gespräch und machen neugierig.
- Eine attraktive Schaufenstergestaltung und individualisierte Plakate in Aufstellern vor dem Geschäft dienen als Kundenstopper und leiten potenzielle Käufer in die Filiale.
- Im Laden und an der Theke führen klassische Werbemittel wie Deckenhänger, Plakate, Thekenaufsteller und Co. die Kunden direkt zur Marke.
- Als wichtigste Markenbotschafter fungieren schließlich die Verkaufskräfte, denn ihr Gegenüber merkt, ob sie vollkommen hinter der neuen Spezialität stehen oder nicht.
Greifen all diese Dinge ineinander und bilden eine Einheit, bringen sie den Kunden den Charakter und den Mehrwert der neuen Marke näher, sorgen für ein gutes Gefühl und animieren zum Kauf.
Das Feedback der Kundschaft
Einige Wochen nach der Produkteinführung bietet es sich an, ein Feedback der Verbraucher einzuholen. Zum Beispiel über das Verkaufspersonal, ein Mailing oder eine Umfrage in den Social-Media-Kanälen des Betriebs. So können Bäcker zum Beispiel herausfinden, ob das Brötchen der Kundschaft schmeckt, ob die Markenbotschaften ankommen und ob es die richtigen Botschaften sind. Wird die Marke also gut angenommen oder sollte noch die eine oder andere Stellschraube nachjustiert werden? Durch Maßnahmen wie diese lässt sich schon frühzeitig der Grundstein für nachhaltigen Markenerfolg legen.
Zusammenfassung
Weizenbrötchen sind beliebt und ein wichtiger Artikel im Sortiment vieler Handwerksbäckereien. Doch der Markt steht unter Druck. Eine Möglichkeit, diesem Druck langfristig erfolgreich zu begegnen, sind Markenbrötchen. Um ihr Potenzial optimal auszuschöpfen, sollten Bäcker sie idealerweise als Premiumvariante neben den regulären Brötchen positionieren. So entsteht eine Spezialität, die als Bindeglied zwischen dem Standardsortiment und hochpreisigen Produkten fungiert und die es nirgendwo anders zu kaufen gibt.
Andere Kleingebäcke können ebenfalls zur Marke werden. Damit dies gelingt, gilt es, von der Idee bis zur Markteinführung einige Stadien zu durchlaufen. Dazu gehören eine Zielgruppenanalyse, ein Kommunikationskonzept und die Prüfung des Preispunkts ebenso wie die Schulung der Mitarbeiter. Nach der Markteinführung sollten Bäckereibetriebe die neue Marke dann erlebbar machen. Dafür empfehlen sich gezielte Marketingmaßnahmen, die die Verbraucher auf der gesamten Route zum Verkauf abholen, sowohl zu Hause und auf der Straße als auch im Laden und an der Theke. Dadurch bekommen die Kunden ein Gefühl für die Marke und entscheiden sich im Idealfall zum Kauf der neuen Gebäckspezialität.
Quellen:
[1] Consumer Panels Services GfK, „Jahrespräsentation Forschungsgemeinschaft Brot/Backwaren“, Datenbasis: Jahr 2023 | Consumer Panel Fresh Food